Zu schnell unterwegs gewesen und geblitzt worden- Was nun? Verteidigungsmöglichkeiten in Owi- Verfahren

Derjenige, der schon einmal in eine Geschwindigkeitsmessung geraten ist, weiß, dass er kurz danach einen sogenannten Anhörungsbogen erhält, wobei dem Autofahrer der Tatvorwurf eröffnet wird und er Gelegenheit erhält, hierzu Stellung zu nehmen. Mit Ausnahme von Lasermessungen soll der Autofahrer durch ein Messbild überführt werden, das ein Polizeibeamter gefertigt hat. 

In manchen Fällen ist jedoch das Messbild von schlechter Qualität, sodass sich die Frage stellt, ob der Autofahrer dies hinnehmen muss oder er einem Bußgeld oder sogar einem Fahrverbot entgehen kann. Gerade wenn das Messfoto sehr dunkel oder das Gesicht des Autofahrers durch eine Sonnenblende oder Sonnenbrille verdeckt ist, kann erfolgreich die Fahrereigenschaft bestritten werden. 

Schlechte Messfotos nicht als Beweismittel hinnehmen

Trotzdem verschicken manche Bußgeldbehörde solche schlechten Messfotos und wollen diese als Beweismittel verwerten. Diese Vorgehensweise sollten betroffene Autofahrer auf keinen Fall hinnehmen, denn die Rechtsprechung hat klare Grundsätze zur Fahreridentifizierung in Bußgeldverfahren aufgestellt. Danach muss ein Foto nach einem Verkehrsverstoß deutlich sein, um den Betroffenen zu überführen. Ist das nicht der Fall, muss der Richter detailliert darlegen, warum er den Fahrer dennoch identifizieren konnte.

Ebenso hat der Betroffene bei einer Geschwindigkeitsmessung ein Akteneinsichtsrecht in den vollständigen Datensatz der Messanlage. Hierzu hat das OLG Oldenburg in einem Beschluss aus Mai 2015 klargestellt, dass das rechtliche Gehör des Betroffenen verletzt ist, wenn ihm die Messdatei, obwohl er dies vorprozessual mehrfach beantragt hat, nicht zugänglich gemacht wird. 

Messdatei muss vor dem Prozess zugänglich gemacht werden

Da diese Grundlage ein originäres, unveränderliches Beweismittel der Geschwindigkeitsmessung ist, muss die Messdatei – rechtzeitig vor dem Prozess – einem Betroffenen auf dessen Wunsch hin zugänglich gemacht werden. Es ist gerade nicht ausreichend, dass das Messprotokoll, der Eichschein, der Beschilderungsplan und die Messfotos, also diejenigen Unterlagen, die bei einem standardisierten Messverfahren grundsätzlich zum Nachweis des Geschwindigkeitsverstoßes genügen, vorlagen. Hier muss also der Verteidiger des Betroffenen tätig werden und darauf drängen, dass die Bußgeldbehörde die Messdatei herausgibt. Wenn dies nicht geschieht, kommt ein Freispruch oder Einstellung des Verfahrens in Betracht, da das Recht des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt wird.

Es lohnt sich also, einmal genau hinzuschauen und die Verteidigungsmöglichkeiten in Bußgeldverfahren auch auszuloten. Allerdings sollte bei solchen Gerichtsverfahren auch bedacht werden, dass das Amtsgericht einen Sachverständigen zur Identifizierung des Fahrers oder zur technischen Überprüfung des Messverfahrens beauftragen kann, was dann bei einer Verurteilung zu erheblichen Kosten führen kann.

Von daher sollte bereits bei Erhalt des Anhörungsbogens, spätestens nach Zustellung des Bußgeldbescheides ein Fachanwalt für Verkehrsrecht mit der Verteidigung beauftragt werden, um nach durchgeführter Akteneinsicht die Verteidigungsmöglichkeiten optimal auszuschöpfen. Die Kosten des Rechtsanwalts und sämtlicher Verfahrenskosten übernimmt eine Verkehrsrechtsschutzversicherung. 

Ralf Wöstmann

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht 

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