Die Beschäftigung von Geschäftsführern in einer GmbH kann zu schwierigen sozialversicherungsrechtlichen Beurteilungsfragen führen, wenn der Geschäftsführer am Gesellschaftskapital nicht oder nur als Minderheitsgesellschafter beteiligt ist. Nach der Praxis der Sozialversicherung ist die Abgrenzung zwischen einem Beschäftigten und einem Unternehmer, Letzterer ist natürlich nicht sozialversicherungspflichtig, vor allem auf gesellschaftsvertraglicher Ebene vorzunehmen.
Der Allein- oder Mehrgesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist regelmäßig Unternehmer, der Minderheitsgesellschafter nur dann, wenn er aufgrund einer entsprechenden Gestaltung im Gesellschaftsvertrag mit seinem Anteil in allen wesentlichen Fragen der Gesellschaft Entscheidungen gegen seinen Willen dauerhaft verhindern kann. Ist eine entsprechende Sperrminorität im Gesellschaftsvertrag vorhanden, wonach beispielsweise alle wesentlichen Entscheidungen der Gesellschaft einer Mehrheit von 75 % der Geschäftsanteile bedürfen, so ist auch der Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Geschäftsanteil von 30 % als Unternehmer zu beurteilen.
Statusfeststellungsverfahren zu Beginn der Beschäftigung ratsam
Liegt eine derartige Gesellschafterstellung nicht vor, die bereits auf gesellschaftsrechtlicher Ebene den wesentlichen Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens vermittelt, dann ist im Einzelfall zu entscheiden, ob nach der Stellung des Geschäftsführers-Gesellschafters, der lediglich Minderheitsgesellschafter ist, dieser dennoch derartig prägend für die Gesellschaft ist. Die Rechtsprechung sieht dies zunehmend restriktiv.
Die bloße Übernahme wirtschaftlicher Risiken, wie beispielsweise die Zahlung auch höherer Kaufpreise für Gesellschaftsanteile, die Übernahme von Bürgschaften für Gesellschaftskredite, etc., wird zwar berücksichtigt, häufig heißt es dann allerdings im Ergebnis doch, es läge Versicherungspflicht vor. An dieser Stelle weisen Roling & Partner auf die bestehende Möglichkeit hin, ein sogenanntes Statusfeststellungsverfahren gemäß § 7 a SGB IV zu Beginn einer Beschäftigung einzuleiten, durch Antrag beim Rentenversicherer.
Die Rechtsprechung der Landessozialgerichte hat es in den letzten Jahren häufig zugunsten von Geschäftsführern oder Minderheitsgesellschaftern im Sinne einer Befreiung von der Versicherungspflicht ausreichen lassen, wenn sogenannte Stimmbindungsverträge zur Ausübung des Stimmrechtes zwischen allen Gesellschaftern schriftlich oder auch formlos abgeschlossen worden sind. Es ist insoweit anerkannt, dass Gesellschafter sich schuldrechtlich verpflichten können, abweichend von den Regelungen im Gesellschaftsvertrag zur Beschlussfassung beispielsweise immer nur einstimmig Beschlüsse zu fassen.
Stimmbindungsverträge können auch mündlich getroffen werden
Derartige Stimmbindungsverträge können wirksam auch formlos, also durch lediglich mündliche Vereinbarung, zwischen den Gesellschaftern einer GmbH getroffen werden. Nach der Rechtsprechung der Landessozialgerichte, beispielsweise Hessisches Landessozialgericht vom 15.05.2014, ist ein Minderheitsgesellschafter, dem aufgrund einer Stimmbindungsvereinbarung ein Veto-Recht eingeräumt worden ist, wie ein Gesellschafter mit Sperrminorität zu behandeln, da dieser durch sein Veto-Recht die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich beeinflussen kann. In derartigen Fällen sei eine Sozialversicherungspflicht daher zu verneinen.
Das Bundessozialgericht hat nunmehr am 11.11.2015 in zwei Verfahren, zu denen bisher lediglich ein Terminsbericht verfügbar ist, derartige Möglichkeiten einschränkend beurteilt. Das BSG wies zunächst darauf hin, dass die Abspaltung eines Stimmrechtes von einem GmbH-Anteil gesellschaftsrechtlich unwirksam ist, wozu allerdings angemerkt werden darf, dass dies lediglich für die Beurteilung von Stimmrechten ohne Gesellschaftsanteil gelten dürfte.
Die disquotale Einräumung von Stimmrechten, die also vom Verhältnis des Geschäftsanteils zum Gesamtkapital der Gesellschaft abweichen, wird gemeinhin als zulässig angesehen. Im konkreten Fall meinte das Bundessozialgericht, die Ausübung des Stimmrechtes auf den Minderheitsgesellschafter sei jedenfalls allenfalls widerruflich übertragenworden, schon die Möglichkeit eines Widerrufes auch unter Familienangehörigen genüge aber, um sozialversicherungsrechtlich nicht von einer Unternehmerstellung des Geschäftsführer-Gesellschafters ausgehen zu können.
Bundessozialgericht tritt der bisherigen großzügigen Rechtsprechung entgegen
In der zweiten Entscheidung meinte das Bundessozialgericht, ein im Anstellungsvertrag des Geschäftsführers vereinbartes Veto-Recht sei im Einzelfall nicht umfassend abgeschlossen, könne zum anderen jedenfalls aus wichtigem Grunde durch Kündigung der Gesellschaft beendet werden. An der Beschlussfassung der Gesellschaft zur Kündigung des Anstellungsvertrages sei der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht zu beteiligen, da gesellschaftsrechtlich wegen eigener Betroffenheit ausgeschlossen.
Die beiden jetzt entschiedenen Fälle betreffen besondere Fallgestaltungen, zeigen aber recht deutlich, dass das Bundessozialgericht der bisher eher großzügigen Rechtsprechung der Landessozialgerichte zu schuldrechtlichen Vereinbarungen bei der Beschlussfassung der Gesellschaft und dadurch begründeter Versicherungsfreiheit entgegentritt. In der aktuellen Situation ist anzuraten, sich jedenfalls nicht alleine auf den Abschluss einer Stimmbindungsvereinbarung zu verlassen, wenn in einer Gesellschaft angestrebt ist, einen Minderheitsgesellschafter nicht sozialversicherungspflichtig zu beschäftigen.
Ihr Ansprechpartner: