Wie schon wiederholt unter dieser Rubrik dargestellt, ist die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zum Thema Urlaub und Krankheit seit Jahren in Bewegung, mit mehrfachen "Richtungswechseln". (Beiträge vom 1. September 2011 und 15. Dezember 2011) Zusammenfassend und der Übersichtlichkeit halber: Der gesetzliche Urlaub verfällt im Normalfall, wenn er nicht bis zum Ende des laufenden Urlaubsjahres genommen wird. Auch wenn Urlaub wegen Krankheit nicht in Anspruch genommen werden konnte, verfiel nach früherer Rechtsprechung jedenfalls mit dem 31. März des Folgejahres der Urlaubsanspruch.
Dieser jahrzehntelangen Rechtsprechung wurde vor knapp 3 Jahren durch eine Entscheidung des europäischen Gerichtshofes ein vorläufiges Ende bereitet, danach verfällt Urlaub grundsätzlich nicht, wenn dieser krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommen werden konnte. Dem folgte die deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit, wobei sich Unbehagen zeigte, wenn Arbeitnehmer, die über viele Jahre nicht gearbeitet hatten und teils bereits Rente wegen Erwerbsminderung bezogen haben, Abgeltung des Urlaubes für mehrere Jahre forderten.
EuGH korrigiert Entscheidung zur Urlaubsabgeltung
Im November 2011 vollzog der EuGH eine gewisse "Korrektur" seiner vorhergehenden Entscheidung zur Urlaubsabgeltung, indem der EuGH zwar am Grundsatz des Anwachsen des Urlaubsanspruches festhielt, allerdings auch feststellte, dass gegen nationale Regelungen, die den Abgeltungsanspruch auf beispielsweise mindestens 15 Monate beschränken würden, europarechtlich nichts einzuwenden sei.
Ganz überwiegend wurde dies lediglich so verstanden, dass europarechtlich derartige Regelungen zu einer Beschränkung des Abgeltungsanspruches zulässig wären – allerdings im deutschen Urlaubsrecht bis dato nicht vorhanden sind oder waren. In der Folge kam es zu widersprüchlichen Entscheidungen mehrerer Landesarbeitsgerichte, das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 7. August 2012 zum Aktenzeichen 9 AZR 353/10 für Rechtsklarheit zumindest gesorgt.
Urlaub im Krankheitsfall verfällt generell zum 31. März des übernächsten Jahres
Nach der jetzigen Entscheidung, die bisher lediglich als Pressemitteilung veröffentlicht ist, also noch ohne Urteilsbegründung, verfällt Urlaub im Krankheitsfall generell, auch ohne einzelvertragliche oder tarifliche Regelung, zum 31. März des übernächsten Jahres. Das Bundesarbeitsgericht bezieht sich hierzu auf die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes aus November 2011 und leitet den jetzigen Verfall aus einer unionsrechtskonformen Auslegung des § 7 Abs. 3 Satz 3 Bundesurlaubsgesetz her. Diese Vorschrift besagt allerdings lediglich, das im Falle der Übertragung der Urlaub in den ersten 3 Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden muss.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes war allerdings gerade diese Vorschrift auf Urlaub, der krankheitsbedingt nicht genommen werden konnte, nicht anwendbar. Auf die Urteilsbegründung des Bundesarbeitsgerichtes darf man daher gespannt sein, dogmatisch wird vieles fragwürdig und diskutabel bleiben, für die Praxis dürfte dennoch Rechtsklarheit nun herrschen.
Für Fragen zu diesem Thema steht der Unterzeichner zur Verfügung.