Es spricht sich langsam auch in der Öffentlichkeit herum, dass es schon seit einigen Jahren ein Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gibt, das vor Diskriminierungen wegen des Geschlechtes, der Herkunft, der Rasse und auch des Alters schützen soll. In der Rechtsprechung ist schon seit Jahren anerkannt, dass die dortigen Regelungen auch für Entlassungsbedingungen gelten, also auch bei der Auswahl im Rahmen von Kündigungen zu beachten sind.
Einen noch größeren Anwendungsbereich hat das AGG in der gerichtlichen Praxis bei der Ausschreibung von Bewerbung um Arbeitsstellen. Hierzu hat Roling & Partner bereits am 24. April 2012 zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshof zum Auskunftsanspruch eines Stellenbewerbers einen Text veröffentlicht.
Jurist klagt gegen Absage von Klinik
Mit aktueller Entscheidung vom 24. Januar 2013 hat das Bundesarbeitsgericht zum Aktenzeichen 8 AZR 429/11 über die Revision eines Juristen entschieden, der sich als Volljurist bei einer Klinik bewarb, die als Körperschaft des öffentlichen Rechtes betrieben wurde. Die Klinik veröffentlichte im April 2009 Stellenanzeigen, in denen es hieß, die Klinik habe in den kommenden Jahren einen Bedarf an Nachwuchsführungskräften. Zur Deckung dieses Bedarfes gäbe es ein spezielles Programm für Hochschulabsolventen/Young Professionals. Für diese werde ein Trainee-Programm an der Klinik angeboten, jährlich sollten dabei zunächst zwei Hochschulabsolventen ausgewählt werden. Nach der Ausschreibung und Festlegung handele es sich um Berufsanfänger, vor allem persönliche Eigenschaften stünden daher im Mittelpunkt, Erfahrungswissen werde nicht gefordert.
Der Kläger hatte Berufserfahrung bei einer Rechtsschutzversicherung und war zur Zeit der Stellenausschreibung als Rechtsanwalt tätig. Er erhielt eine Absage, gerichtlich machte er geltend, wegen seines Alters und seines Geschlechtes benachteiligt worden zu sein, weil es in der Stellenanzeige weitergehend hieß, Frauen würden bei gleicher Eignung bevorzugt. Tatsächlich führte die Klinik für männliche und weibliche Bewerber getrennte Listen.
BAG sieht Indizien für Altersdiskriminierung
Die Klage blieb in den ersten beiden Instanzen erfolglos, das Bundesarbeitsgericht hat allerdings auf die Revision die Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes überwiegend aufgehoben und den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Aufklärung an das Berufungsgericht zurückgewiesen. Dabei hat das BAG festgestellt, dass im Streitfall Indizien vorlägen, nach denen eine unzulässige Benachteiligung des Klägers wegen des Alters vermutet werden könne. Schon die nicht erfolgte Einladung zu einer persönlichen Vorstellung sei eine Benachteiligung gegenüber den eingeladenen Bewerbern, durch Versagung einer Chance.
Das BAG ist weiter davon ausgegangen, dass die Ausschreibung der Stelle unter Verstoß gegen §§ 11, 7 Abs. 1 AGG erfolgt sei. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung könne die Vermutung begründen, die Nichtberücksichtigung eines Bewerbers sei wegen eines in der Ausschreibung bezeichneten, verpönten Merkmals erfolgt.
Fingerspitzengefühl bei Stellenausschreibung
Vor allem aber: Im konkreten Fall ging das BAG davon aus, dass die unterschiedliche Behandlung wegen Alters nicht gerechtfertigt ist, weil eine objektive Rechtfertigung nicht festgestellt werden konnte. Grundsätzlich könne zwar die Sicherung einer ausgewogenen Altersstruktur ein legitimes Ziel sein, tatsächlich ginge es allerdings um die Schaffung einer verjüngten Personalstruktur. Ob diese überhaupt ein legitimes Ziel sein könne, ließ das BAG dahinstehen, weil die Arbeitgeberin zu diesem Punkt nicht ausreichend konkret vorgetragen hat.
Die Entscheidung macht erneut deutlich, mit wieviel Fingerspitzengefühl Stellenausschreibungen im Lichte des AGG und der hierzu vorliegenden Rechtsprechung abzufassen sind.
Findigen Bewerbern sind damit für den Fall der Ablehnung Möglichkeiten und Chancen eröffnet, eine Benachteiligung geltend zu machen, im konkreten Fall des Klägers mit einer Forderung auf Zahlung in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern.