AG Meißen - Das Ende des Einheitensensors ES 3.0 als standardisiertes Messverfahren?

Das Amtsgericht Meißen kommt in seinem Urteil vom 29.05.2015 (13 OWi 703 Js 21114/14) zu der Einschätzung, dass die innerstaatliche Bauartzulassung, auf deren Grundlage die Eichungen aller eingesetzten Geschwindigkeitsmessanlagen des Typs ES 3.0 beruhen und die Einhaltung der Bedienvorschriften es nicht gewährleisten, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Messergebnisse zu erwarten sind. Dies gilt im entschiedenen Fall für die Softwareversion 1.007. 

Die vom Gericht umfangreich durchgeführte Beweisaufnahme hat bauartbedingte Fehlerquellen der Geschwindigkeitsmessanlage bei der Messwertbildung zu Tage treten lassen, die nicht innerhalb der zulässigen Verkehrsfehlergrenze liegen und auch nicht durch einen größeren Toleranzwert ausgeglichen werden können. Das Amtsgericht Meißen hat insoweit einen Mitarbeiter der Fa. ESO befragt, der sich in erhebliche Widersprüche verstrickte. 

Feststellen des Geschwindigkeitswerts nicht mehr möglich

Mit den vom Hersteller zur Verfügung gestellten Auswertemöglichkeiten können der Anwender und das Gericht nicht mehr feststellen, dass der Geschwindigkeitswert, der im Messfoto angezeigt wird und Grundlage des Vorwurfs einer Ordnungswidrigkeit ist, von einem bestimmten Fahrzeug oder überhaupt von einem Fahrzeug stammt. Gerade seit der Softwareversion 1.007 ist diese Feststellung auch unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen gar nicht mehr möglich. 

Die gegenwärtig vom Gerätehersteller ESO zur Verfügung gestellte Online-Auswertungsmöglichkeit der Messdaten gewährleistet keine unbeeinflusste Überzeugungsbildung des Gerichtes, da die Authentizität- und Integrität nicht gesichert ist. Für das gerichtliche Verfahren muss unabhängigen Sachverständigen der eigenständige Zugriff auf die Originalmessdaten möglich sein, andernfalls ist eine Überzeugungsbildung nicht möglich. 

Amtsgericht Meißen: Kein standardisiertes Messverfahren mehr

Insoweit kommt das Amtsgericht Meißen letztlich zu dem Ergebnis, dass es sich bei dieser Geschwindigkeitsmessanlage Typ ES 3.0 in der Softwareversion 1.007 um ein nicht mehr standardisiertes Messverfahren handelt. Dies muss dann letztlich zu einer Einzelfallprüfung in jedem vor Gericht befindlichen OWi-Verfahren führen. Dies erhöht nach Auffassung von Roling & Partner Rechtsanwalt Ralf Wöstmann die Möglichkeit, einen Freispruch für den Betroffenen zu erreichen oder ggf. eine vorherige Einstellung des OWi-Verfahrens nach § 47 OWiG, weil das zuständige Amtsgericht möglicherweise der Aufwand zu groß ist, hier in eine Einzelfallprüfung einzutreten. 

Ralf Wöstmann

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht 

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