Arbeitsrecht: Bestimmung variabler Vergütung durch das Gericht

In Arbeitsverhältnissen finden sich nicht selten Regelungen dazu, dass neben der eigentlichen Vergütung auch Sonderzahlungen zustehen sollen, häufig als Prämien, Tantiemen oder Boni bezeichnet. Soweit derartige Zahlungen nicht nach näherer Regelung in einem Arbeitsvertrag oder in einem anwendbaren Tarifvertrag nach Höhe und Zahlungszeitpunkt feststehen, nennt man derartige Vergütungsbestandteile auch variable Vergütung. 

Häufig, wenngleich nicht nur, finden sich diesbezügliche Regelungen vor allem in den Arbeitsverträgen von Führungskräften, bei denen die variable Vergütung nicht selten von außerordentlicher Bedeutung für die Gesamtvergütung ist, teilweise übersteigt die variable Vergütung auch die Grundvergütung. Gerät der Arbeitgeber in eine Krise, endet das Arbeitsverhältnis oder besteht aus sonstigen Gründen Streit im Arbeitsverhältnis, dann entsteht häufig auch Streit um die Frage, ob und ggf. in welcher Höhe dem Arbeitnehmer ein Zahlungsanspruch auf variable Vergütung zusteht.

Bundesarbeitsgericht: Anspruch auf Zahlung eines Bonus

Mit einem derartigen Fall hat sich aktuell das Bundesarbeitsgericht befassen müssen. Mit Urteil vom 03.08.2016, das bisher lediglich in Form einer Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichtes vorliegt, hat das Bundesarbeitsgericht entgegen der Vorinstanz festgestellt, dass der klagende Arbeitnehmer, Führungskraft einer Bank, dem Grunde nach Anspruch auf Zahlung eines Bonus hat, auch wenn der Kläger keine konkreten Voraussetzungen zur Bestimmung der Bonushöhe nennen konnte. Hintergrund war, dass zwischen dem Kläger als Manager und der Arbeitgeberin, einer internationalen Großbank, eine Teilnahme des Klägers an einem jeweils gültigen Bonussystem vereinbart war. Für das erste Jahr erhielt der Kläger eine vertraglich festgelegte Leistung in Höhe von 200.000,00 EUR, für das Folgejahr knapp 10.000.000,00 EUR als variable Vergütung, im darauf folgenden Jahr nichts. Im gleichen Jahr erhielten andere Mitarbeiter variable Vergütung zwischen 25% und 50% der Vorjahresleistung, die jeweils bezogen wurde.

Der Kläger erhob Klage auf Zahlung eines Bonus, dessen Höhe er in das Ermessen des Gerichtes stellte, in I. Instanz wurde die Bank zur Zahlung in Höhe von knapp 80.000,00 EUR verurteilt, in II. Instanz wurde die Klage abgewiesen. Das Berufungsurteil führte zur Begründung aus, der Kläger habe keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgetragen, die eine gerichtliche Festsetzung der Bonushöhe ermöglicht hätten.

Arbeitgeber muss Festsetzung des Bonus vortragen

Mit seiner Revision, die nach Beschwerde des Klägers erst vom Bundesarbeitsgericht zugelassen werden musste, hatte der Kläger letztendlich Erfolg, wenngleich das Bundesarbeitsgericht wegen noch notwendiger Feststellungen zur Höhe der Bonuszahlung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen hat. Im entscheidenden Punkt allerdings bestätigte das Bundesarbeitsgericht die Auffassung des Klägers. Danach ist das Arbeitsgericht selber nach billigem Ermessen berechtigt und auch verpflichtet, das grundsätzlich dem Arbeitgeber zustehende Ermessen selber auszuüben, wenn der bestimmungsberechtigte Arbeitgeber im Prozess zu den Faktoren, die eine vermeintliche Berechtigung zur Festsetzung des Bonus auf Null begründen könnten, nichts näher vorträgt. Das Bundesarbeitsgericht hielt fest, dass grundsätzlich der Arbeitgeber bestimmungsberechtigt ist, dem Arbeitnehmer selber sei nicht zuzumuten, zu Umständen vorzutragen, die ihm regelmäßig nicht bekannt sind, wie beispielsweise der Gesamthöhe des Bonustopf, etc.

Für Arbeitgeber wird daraus der Schluss zu ziehen sein, dass die Zusage einer variablen Vergütung künftig mit erhöhten Risiken verbunden sein dürfte, auch wenn der Arbeitgeber sich ausdrücklich vorbehält, über die Höhe der variablen Vergütung nach freiem Ermessen entscheiden zu wollen. Werden bestimmte Kriterien vereinbart, als periodische Vereinbarung zu persönlichen und ggf. gesamtbetrieblichen Zielen, gelten diese ohnehin vorrangig. Der Arbeitgeber, der sich nicht binden will, wird allerdings im Prozess nicht der Notwendigkeit enthoben, für den Fall einer grundsätzlichen Zusage der Zahlung variabler Vergütung die Nichtzahlung näher begründen zu müssen. Dies gilt sicher vor allem dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, andere vergleichbare Mitarbeiter eine wenn auch reduzierte variable Vergütung im gleichen Geschäftsjahr erhalten haben.

Zahlungsklage statt Auskunftsklage möglich

Arbeitnehmer werden aus der Entscheidung mitnehmen können, dass das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich festhält, es sei nicht auf eine Auskunftsklage mangels Kenntnis der Umstände, die den Arbeitgeber zur Nichtzahlung bestimmt haben, zu verweisen. Der Arbeitnehmer könne sofort Klage auf Zahlung erheben, wenn der Arbeitgeber nicht oder nicht ausreichend begründet, warum er meint, einen grundsätzlich zugesagten Bonus auf Null oder auch nicht den Vorstellungen des Arbeitnehmers entsprechenden Betrag festsetzen zu können.
In der gerichtlichen Praxis dürfte es darauf ankommen, ob es dem Arbeitgeber gelingt, nachvollziehbare Motive für seine Bestimmung zur Höhe der variablen Vergütung darlegen zu können, ggf. auch auf Null.

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Rechtsanwalt Christoph Schürmann

Fachanwalt für Arbeitsrecht
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