Arbeitsrecht: Schadenersatz nach AGG wegen Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beschäftigt gerade die Arbeitsgerichte nicht selten, vielfach geht es um Klagen mit dem Ziel einer angemessenen Entschädigung in Geld wegen einer tatsächlichen oder vermeintlichen Benachteiligung wegen eines der Kriterien nach dem AGG, beispielsweise wegen einer Behinderung oder eben auch wegen der Geschlechtszugehörigkeit.

Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG für männlichen Sportlehrer

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 19.12.2019, Az. 8 AZR 2/19 entgegen der beiden Vorinstanzen festgestellt, dass einem männlichen Sportlehrer Entschädigung dem Grunde nach jedenfalls zusteht, weil dieser entgegen der Vorgaben des AGG wegen seines Geschlechtes bei der Besetzung einer Stelle an einer Privatschule benachteiligt worden sei. Die Stelle ist an der Privatschule in Bayern ausgeschrieben worden für eine "Fachlehrerin Sport (w)". Auf diese Stellenausschreibung hatte sich der männliche Kläger, der Fachlehrer für Sport ist, beworben und wurde nicht berücksichtigt. Die Schule hat dies damit begründet, gesucht werde eine weibliche Sportlehrkraft für die an der Privatschule unterrichteten Mädchen in der Oberstufe. Die Schule hatte sich auch auf Vorgaben des bayrischen Kultusministeriums berufen, wonach Aufgaben eines Sportlehrers in der Oberstufe nur in bestimmten Fächern und nur mit einer Ausnahmegenehmigung durch männliche Sportlehrer wahrgenommen werden könnten.

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hatte, abweichend vom Arbeitsgericht in erster Instanz, festgehalten, dass alleine die Bestimmungen des Kultusministeriums und Lehrpläne der Schule selber die Nichtberücksichtigung nicht rechtfertigen können.

AGG ist gegenüber Lehrplänen höherrangiges Recht

Das Landesarbeitsgericht hat festgehalten, es sei bereits zweifelhaft, ob die Beklagte als Privatschule überhaupt verpflichtet sei, in staatlichen Lehrplänen enthaltene Grundsätze zu übernehmen. Im Übrigen sei das AGG gegenüber Lehrplänen grundsätzlich höherrangiges Recht.

Berufliche Anforderung nach § 8 Abs. 1 AGG und Gleichgeschlechtlichkeit von Lehrern und Schülern

Entscheidend ist nach dem Landesarbeitsgericht, ob eine unterschiedliche Behandlung des Klägers wegen eines Grundes nach § 8 Abs. 1 AGG erfolgt ist, wenn nämlich eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung gerechtfertigterweise zu einer unterschiedlichen Behandlung führt. Das Landesarbeitsgericht hat näher begründet, warum beim Sportunterricht mit durch das Fach geprägter besonderer Körperlichkeit es gerechtfertigt ist, regeln zu können, dass nur weibliche Lehrkräfte ältere weibliche Schüler im Sportunterricht unterrichten sollen, entsprechend Stellen nicht geschlechtsneutral ausgeschrieben werden.

BAG: Geschlechtsbezogenes Merkmal als Anforderung im Sinne von § 8 Abs. 1 AGG nicht feststellbar

Nach bisher lediglich vorliegender Pressemitteilung hat das Bundesarbeitsgericht angenommen, die Schule habe nicht ausreichend darlegen können, dass nach den Vorgaben des AGG und des Unionsrechtes die Nichtberücksichtigung männlicher Stellenbewerber durch eine zulässige geschlechtsbezogene berufliche Anforderung gerechtfertigt gewesen sei. Die vom Landesarbeitsgericht in zweiter Instanz ausführlich herangezogenen Gesichtspunkte einer möglichen Verletzung des Schamgefühles älterer weiblicher Schüler bei Berührung durch männliche Lehrkräfte konnten das Bundesarbeitsgericht offensichtlich nicht überzeugen. Dies zeigt beispielhaft, wie kritisch es sein kann, Stellen, die über Jahrzehnte wie selbstverständlich geschlechtsbezogen ausgeschrieben und besetzt worden sind, ohne nähere Prüfung nicht geschlechtsneutral auszuschreiben.

Entschädigungshöhe nach AGG bei Nichteinstellung bis drei Monatsgehälter

Das Bundesarbeitsgericht hat nicht über die Höhe der Entschädigung geurteilt, in der zweiten und ersten Instanz hatte der Kläger 13.500,00 EUR Entschädigung verlangt, vermutlich drei Bruttomonatsgehälter. Demgemäß geht es häufig um doch beträchtliche Beträge, die einem Arbeitgeber als Schaden bei unbedachter Veröffentlichung einer Stellenanzeige oder Stellenausschreibung als Schaden drohen können.

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Rechtsanwalt Christoph Schürmann

Fachanwalt für Arbeitsrecht
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