Arbeitsrecht: Tarifliche Ausschlussfristen und Insolvenz

Nachdem auch in dieser Rubrik bereits wiederholt auf Verfallfristen und deren Bedeutung eingegangen wurde, soll eine weitere Besonderheit, die sich im Zusammenhang mit einzelvertraglichen oder auch tariflichen Ausschlussfristen und einem Insolvenzverfahren ergibt, noch dargestellt werden.

Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung hält zunächst weiterhin daran fest, dass bei einer zweistufigen Verfallfrist Ansprüche grundsätzlich gerichtlich geltend zu machen sind, insbesondere die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht ausreichend ist, um die Einhaltung einer tariflich vorgesehenen gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen zu gewährleisten.

Die Unterschiede in der Insolvenz

In der Insolvenz eines Unternehmens ist dagegen zu unterscheiden:

Bei Masseforderungen, die also nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden oder fällig geworden sind, ergeben sich keine Besonderheiten. Hier bedarf es zur Durchsetzung der rechtzeitigen Geltendmachung nach den bestehenden Regelungen, einzelvertraglich oder auch tariflich.

Ansprüche auf Zahlung der Arbeitsvergütung sind Insolvenzforderungen

Bei Insolvenzforderungen ist dies anders zu beurteilen. Insolvenzforderungen sind solche Forderungen, die bis zur Insolvenzeröffnung entstanden und fällig geworden sind. Bei Ansprüchen eines Arbeitnehmers sind dies regelmäßig Ansprüche auf Zahlung der Arbeitsvergütung, die für die Zeit bis zur Insolvenzeröffnung fällig geworden sind.

Bei Insolvenzforderungen kommt es darauf an, ob der Anspruch bereits zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung verfallen ist. War der Anspruch nach der entsprechenden Regelung, wie oben ausgeführt einzelvertraglich oder auch tariflich geregelt, noch nicht zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung verfallen, so kommt ein Verfall des Anspruches auch nicht mehr in Betracht, weil sich ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Geltendmachung und Beurteilung von Entgeltansprüchen nicht mehr nach tariflichen oder einzelvertraglichen Ausschlussfristen richtet, sondern ausschließlich nach den Regelungen der Insolvenzordnung.

Insolvenzforderungen müssten angemeldet werden

Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des LAG Hamm sowie auch einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 12.06.2002, AZ 10 AZR 199/01. Zu der Entscheidung heißt es im 2. Orientierungssatz, Konkursforderungen müssten nach den Vorschriften der Konkursordnung (heute Insolvenzordnung) angemeldet werden, tarifliche Ausschlussfristen greifen daneben nicht mehr ein, soweit diese nicht bereits abgelaufen waren.

Die praktische Bedeutung bei unbezahlter Mehrarbeit 

Von erheblicher praktischer Bedeutung ist dies für Ansprüche von Arbeitnehmern aus der hiesigen Region, die bei der seit dem Jahre 2009 insolventen Firma Wilhelm Karmann GmbH im Betriebsmittelbau gearbeitet haben und dort auf sogenannten Qualifizierungskonten unbezahlte Mehrarbeit angehäuft hatten, neben einer Vergütungskürzung und unbezahlt gebliebener Wochenarbeitszeit. 

Nach entsprechender Kündigung der Betriebsvereinbarung haben die betroffenen Arbeitnehmer Vergütungsansprüche beziffert eingefordert, abgelehnt wurden die Ansprüche nicht. Der geltende Manteltarifvertrag sah eine Frist zur schriftlichen Geltendmachung vor, die gerichtliche Geltendmachung war nach tariflicher Regelung nur bei nachweislicher Ablehnung der Erfüllung durch den Arbeitgeber notwendig. Entsprechend dürften betroffene Arbeitnehmer gute Aussichten haben, für den Fall im Herbst 2008 geltend gemachter Ansprüche diese auch im Insolvenzverfahren als Insolvenzforderungen feststellen lassen zu können.

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Fachanwalt für Arbeitsrecht
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