Erneut hat das Bundesarbeitsgericht, mit Urteil vom 19. März 2019, eine für die arbeitsrechtliche Praxis sehr wichtige Frage entschieden, im Anschluss an das hier gesondert bereits besprochene Urteil vom 19. Februar 2019 zum möglichen Verfall eines nicht genommenen Urlaubes. Mit jetzigem Urteil hat sich das Bundesarbeitsgericht zu Urlaubsansprüchen und deren möglicher Kürzung geäußert, die im Rahmen einer Elternzeit entstehen. Nach der bisher lediglich vorliegenden Pressemitteilung hat das Bundesarbeitsgericht die Entscheidung der Vorinstanzen bestätigt und die Klage abgewiesen, mit der eine Klägerin die Abgeltung weiterer fast 90 Urlaubstage aus dem Zeitraum einer zurückliegenden Elternzeit geltend machte.
Gesetzliche Kürzungsmöglichkeit für Urlaubsansprüche aus Elternzeit
Der gesetzliche Urlaubsanspruch nach Bundesurlaubsgesetz besteht grundsätzlich auch für Zeiträume einer Elternzeit, unstreitig daneben für Zeiten eines möglichen Beschäftigungsverbotes sowie die Zeiträume der Mutterschutzfristen vor und nach einer Geburt. Für Zeiträume einer in Anspruch genommenen Elternzeit besteht allerdings nach § 17 Abs. 1 BEEG ein Recht des Arbeitgebers, den auf die Elternzeit entfallenden Urlaub für jeden vollen Monat der Elternzeit um 1/12tel des Jahresurlaubsanspruches zu kürzen. Von dieser Befugnis kann ein Arbeitgeber ohne weiteres und ohne nähere Begründung Gebrauch machen.
Ausübung des Rechtes zur Urlaubskürzung
Will der Arbeitgeber den Urlaub für Zeiträume einer Elternzeit kürzen, muss er dies mit einer empfangsbedürftigen Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber klarstellen. Ausreichend ist nach der Rechtsprechung hierfür jedes Verhalten des Arbeitgebers, das dem Arbeitnehmer erkennbar macht, dass der Arbeitgeber von der Kürzungsmöglichkeit Gebrauch machen will. In Einzelfällen ist insoweit sogar schon die Erteilung einer entsprechenden Abrechnung, mit daraus erkennbarer Kürzung des Urlaubes, als entsprechende Erklärung gewertet worden. Sinnvoller und rechtlich eindeutig ist allerdings eine nachweisliche Erklärung des Arbeitgebers dazu, dass er von der gesetzlichen Möglichkeit der Kürzung des Erholungsurlaubes für Zeiten der Elternzeit gem. § 17 Abs. 1 BEEG Gebrauch macht und entsprechend der darauf entfallende Urlaub für jeden vollen Monat um 1/12tel des Jahresurlaubes gekürzt wird.
Kein Verstoß gegen europäisches Recht
Das Bundesarbeitsgericht hat festgehalten, dass auch nach europäischem Recht es nicht notwendig ist, Arbeitnehmer, die wegen der Elternzeit nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet waren, urlaubsrechtlich mit Arbeitnehmern gleichzustellen, die im gleichen Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben. Das Bundesarbeitsgericht hat diesbezüglich eine Ungleichbehandlung ohne sachliche Rechtfertigung verneint.
Im Vorfeld der Entscheidung wurde in Teilen der Literatur durchaus in Zweifel gezogen, ob das Bundesarbeitsgericht die Entscheidung der Vorinstanzen hält, einige Stimmen hatten durchaus erwartet, dass das Bundesarbeitsgericht anders entscheidet.
Für die Praxis dürfte damit bis auf weiteres klar sein, dass bei in Anspruch genommener Elternzeit einer Mitarbeiterin oder auch eines Mitarbeiters darauf anteilig entfallender Urlaub gekürzt werden kann. Dieses Kürzungsrecht bedarf allerdings einer entsprechenden Ausübung durch den Arbeitgeber, die spätestens bis zu einem etwaigen rechtlichen Ende des Beschäftigungsverhältnisses erfolgen müsste. Auch Regelungen in Arbeitsverträgen selber sind denkbar, nämlich eine schon dort mögliche Klausel, dass die Parteien eine Kürzung des Urlaubes gem. § 17 Abs. 1 BEEG für den Fall der Inanspruchnahme einer Elternzeit entsprechend vereinbaren. Nach dem rechtlichen Ende eines Beschäftigungsverhältnisses kann der Arbeitgeber sein Kürzungsrecht jedenfalls nicht mehr ausüben. Wird erst dann die Abgeltung noch offener Urlaubsansprüche verlangt, wird der Arbeitgeber bei einer versäumten Kürzung den vollen Urlaub, unter Einschluss des auf die Elternzeit entfallenden Urlaubes, abgelten müssen. Rechtzeitiges Handeln ist also insoweit für Arbeitgeber Pflicht.