Aufgabenträger nicht klagebefugt gegen vermeintlich unauskömmliche Linienverkehrsgenehmigung

Mit drei Urteilen vom 18.3.2019 hat das Verwaltungsgericht Köln die Klagen von zwei Aufgabenträgern im ÖPNV gegen erteilte eigenwirtschaftliche Genehmigungen als unzulässig zurückgewiesen. Damit hat es einerseits die horizontale, gesetzliche vorgesehene Aufgabenteilung zwischen Genehmigungsbehörde und Aufgabenträger im Zusammenhang mit der Verwirklichung des ÖPNV bekräftigt.

Gleichzeitig hat es zur Rechtssicherheit für die privaten Verkehrsunternehmen beigetragen, die sich – wie gehabt auch künftig – nur auf einen Angriff ihrer Genehmigung durch ihre Konkurrenten am Markt einstellen müssen.

Verschiedene Aufgaben der Genehmigungsbehörde und der Aufgabenträger im ÖPNV

Im System des Personenbeförderungsgesetzes in Verbindung mit den ÖPNV-Gesetzen der Länder erfüllen die Aufgabenträger und die Genehmigungsbehörde unterschiedliche, einander ergänzende Aufgaben. Während die Genehmigungsbehörde dafür zuständig ist, die Genehmigungsfähigkeit von Anträgen eigenständig zu prüfen und die verwaltungsrechtliche Genehmigung zu erteilen, ist dem Aufgabenträger die Richtungsplanung durch den Nahverkehrsplan und, für den Fall, dass sich kein Unternehmen bereitfindet, den Verkehr auf eigene Kosten zu erbringen, die Bestellung von subventionierten Verkehren im Wege der Ausschreibung von Dienstleistungsaufträgen zugewiesen.

Keine Rechtsverletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts

Der Rheinisch-Bergische Kreis und die Stadt Leverkusen hatten als Aufgabenträger geltend gemacht, die der Beigeladenen erteilten Genehmigungen zum eigenwirtschaftlichen Betrieb bestimmter Linien in ihrem Zuständigkeitsbereich verletzten sie in ihren Rechten. Denn die Beigeladene, ein privates Verkehrsunternehmen, sei ihrer Ansicht nach wirtschaftlich nicht in der Lage, die Linien während der gesamten Genehmigungslaufzeiten aufrecht zu erhalten. Die Linien seien also "unauskömmlich", weshalb die Genehmigungen nicht hätten erteilt werden dürfen.

Die Aufgabenträger seien dadurch in ihren aus Artikel 28 Absatz 2 Grundgesetz folgenden Rechten betroffen. Dies sei zunächst ihre Planungshoheit. Denn die Aufgabenträger seien wegen der eigenwirtschaftlichen (d. h., im Wesentlichen ohne staatliche Zuschüsse betriebenen) Verkehre daran gehindert, einen gemeinwirtschaftlichen (d. h., subventionierten) Verkehr zu bestellen. Weiter verletze eine unauskömmliche Genehmigung die Aufgabenträger in ihrer Finanzhoheit, da in diesem Fall eine Notdirektvergabe wahrscheinlich sei, die höhere Kosten verursache.

Keine Rechtsverletzung – keine Klagebefugnis

Das Verwaltungsgericht Köln hat – im Wesentlichen der unserer Argumentation folgend – diesen Vorstellungen eine klare Absage erteilt und bereits eine Klagebefugnis der Aufgabenträger verneint.

Die Rechte aus Artikel 28 Absatz 2 Grundgesetz würden nur im Rahmen der Gesetze gewährt. Die Aufgabenträger seien trotz der Aufgabenzuweisung im ÖPNVG NRW, den öffentlichen Personennahverkehr sicherzustellen, nicht per se bei jeder Linienverkehrsgenehmigung in ihrem Selbstverwaltungsrecht betroffen. Das Initiativ- und Organisationsrecht des Aufgabenträgers gelte nur nachrangig, soweit eine ausreichende Verkehrsbedienung auf eigenwirtschaftlicher Grundlage nicht möglich sei. Die Sicherstellungsaufgabe werde durch die gesetzgeberische Grundentscheidung, dem eigenwirtschaftlichen Verkehr den Vorrang einzuräumen, von vornherein eingeschränkt. Die Entscheidung über die Genehmigung obliege der Genehmigungsbehörde als Herrin des Verfahrens.

Den Aufgabenträgern stünden zwar im Personenbeförderungsgesetz Mitwirkungsrechte zu, dies betreffe die Anhörung oder Entscheidungen bei Anträgen, die von einer Vorabbekanntmachung oder vom bisherigen Verkehrsangebot wesentlich abweichen. Die Verletzung dieser Rechte sei aber nicht geltend gemacht worden.

Rechtsfolgen Ausfluss gesetzgeberischer Grundentscheidung für den Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit

Die von den Aufgabenträgern befürchteten Nachteile im Falle einer fehlenden Auskömmlichkeit des Verkehrs seien Ausfluss der gesetzgeberischen Grundentscheidung und als solche hinzunehmen. Finanzielle Lasten würden den Aufgabenträgern durch die Genehmigung als solche nicht auferlegt, vielmehr verringere eine eigenwirtschaftliche Verkehrsbedienung die Kostenlast der Aufgabenträger. Darüber hinaus setze eine etwaig erforderlich werdende Notdirektvergabe das Hinzutreten eines begründeten Betriebspflichtentbindungsantrags voraus, weshalb eine unmittelbare Rechtsverletzung nicht gegeben sein könne.

Fazit

Während es zur Natur des Wettbewerbs zählt, dass Konkurrenten am Markt eine Genehmigung angreifen können, wäre es höchst ungewöhnlich, dass eine nicht für die Genehmigung zuständige Behörde die einem Unternehmen erteilte Genehmigung im Klagewege zu Fall bringen könnte. Dass die Aufgabenträger sich entgegen ihrer gesetzlichen Aufgabenzuweisung als "Hüter über die korrekte Genehmigungserteilung" (miss-)verstehen, war bislang in dieser Form nicht vorgekommen, hat aber anscheinend bereits im Süden der Republik Schule gemacht.

Daher ist es umso mehr zu begrüßen, dass das Verwaltungsgericht Köln sich in bislang drei Verfahren ganz klar nicht nur zugunsten der Unternehmerschaft, sondern der Rechtsstaatlichkeit positioniert hat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Das Urteil können Sie hier herunterladen.

Bei Fragen zu diesem Artikel wenden Sie sich gerne an:

Dr. jur. Sebastian Roling LL. M. (Public Law)
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Fachanwalt für Vergaberecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Dr. jur. Anna-Katharina Kraemer
Rechtsanwältin

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