Das Bundesarbeitsgericht hat sich zunehmend in den letzten Jahren mit Ansprüchen von Stellenbewerbern beschäftigen müssen, die auf der Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) geltend gemacht werden. Das AGG sieht vor, dass ein abgelehnter Stellenbewerber, der wegen seines Geschlechtes, Alters, Herkunft etc. abgelehnt oder auch nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird, eine angemessene Entschädigung in Geld beanspruchen kann. Gelingt es einem Stellenbewerber, Indizien darzulegen und zu beweisen, die eine Benachteiligung aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe vermuten lassen, führt dies zu einer Beweislastumkehr gem. § 22 AGG. Der Arbeitgeber hat dann darzulegen und zu beweisen, dass bei der Auswahl eines Arbeitnehmers und schon im Vorfeld bei der Einladung der Stellenbewerber kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat.
Schwierigkeiten bei der Darlegung einer verbotenen Diskriminierung
Erhält ein Stellenbewerber seine Bewerbungsunterlagen zurück, ohne dass im Begleitschreiben Angaben dazu gemacht werden, warum eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch oder nach Vorstellungsgespräch die Auswahl des Bewerbers nicht erfolgt ist, bekommt der Bewerber regelmäßig Probleme bei der Darlegung, dass eine verbotene Diskriminierung vorliegt.
Streitig ist insoweit, ob der Bewerber einen Anspruch auf Auskunft gegenüber dem Arbeitgeber hat, der Arbeitgeber also verpflichten kann, die Gründe mitzuteilen, warum die eigene Bewerbung abgelehnt und ein anderer Bewerber ggf. eingestellt worden ist, bzw. auf der Grundlage welcher Kriterien.
Europäischer Gerichtshof könnte Auskunftsanspruch für Arbeitnehmer befürworten
Mit jetziger Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 20. Mai 2010, 8 AZR 287/08 hat der 8. Senat des BAG zunächst festgestellt, einen derartigen Anspruch nach nationalem Recht nicht zu sehen. Das BAG hält es allerdings für möglich, dass Europäisches Recht, auf dem auch das AGG beruht, in Form der Antidiskriminierungsrichtlinie des Gemeinschaftsrechtes auch einen Auskunftsanspruch zur effektiven Durchsetzung der Rechte eines Stellenbewerbers begründen wollte. Daher hat das Bundesarbeitsgericht den Rechtsstreit zur Entscheidung dieser Frage dem Europäischen Gerichtshof nun vorgelegt.
Sollte der Europäische Gerichtshof die Auffassung vertreten, ein abgelehnter Stellenbewerber, der behauptet, wegen seines Geschlechtes, seines Alters, seiner Herkunft etc. benachteiligt worden zu sein, habe einen Auskunftsanspruch zu den Gründen der Ablehnung sowie den Auswahlkriterien beim Arbeitgeber, so hätte dies sicherlich weitreichende Folgen. Jeder Arbeitgeber müsste dann bei einer Stellenausschreibung befürchten, im Nachhinein von einer größeren Anzahl der Stellenbewerber, die nicht zum Zuge gekommen sind, auf Auskunft in Anspruch genommen zu werden. Dies würde nicht nur erhebliche Kosten, sondern auch Risiken für den Arbeitgeber hervorrufen, der Stellen anbietet. Jeder Arbeitgeber müsste dann wohl vorsorglich auch schon im Vorfeld einer Stellenausschreibung objektive Kriterien fixieren, nach denen eingehende Bewertungen gewichtet werden.
Auskunftsanspruch würde Arbeitgeber vor Probleme stellen
Würde die Rechtsprechung lediglich die pauschale Behauptung einer Diskriminierung bei der Bewerbung genügen lassen, um einen Auskunftsanspruch eines Stellenbewerbers zu begründen, so dürfte missbräuchlichen Bewerbungen auf ausgeschriebene Stellen Tür und Tor geöffnet worden sein.
Nach Einschätzung des Unterzeichners ist ein derartig umfassender Auskunftsanspruch nicht gerechtfertigt und dürfte vor allem auch viele Arbeitgeber davon abhalten, Stellen überhaupt für den ersten Arbeitsmarkt anbieten zu wollen. Mancher Arbeitgeber dürfte vielmehr dann der Versuchung erliegen, Stellen gar nicht mehr zu besetzen, oder aber beispielsweise über Zeitarbeitsfirmen.
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