BGH entscheidet für Verbraucher im VW-Dieselabgasskandal

Der sechste Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25.05.2020 (VI ZR 252/19) entschieden, dass dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenden Fahrzeuges Schadensersatzansprüche gegen die Firma Volkswagen AG zustehen. Er kann Erstattung des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises verlangen, muss sich aber den gezogenen Nutzungsvorteil anrechnen lassen und der Firma Volkswagen AG das Fahrzeug zur Verfügung stellen. Der Bundesgerichtshof hat insoweit die ganz überwiegende Rechtsprechung vieler Landgerichte und diverser Oberlandesgerichte bestätigt. Auch wir hatten bereits an dieser Stelle die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes § 826 BGB im VW-Dieselabgasskandal erläutert.

Vorsätzlich sittenwidrige Schädigung durch die Firma Volkswagen

Der Bundesgerichtshof hat das Verhalten der Firma Volkswagen AG, nämlich den Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung, als vorsätzlich sittenwidrige Schädigung gem. §§ 826, 31 BGB eingestuft. Es wird der Firma Volkswagen AG in der vorbenannten Entscheidung vorgeworfen, dass sie Gewinninteressen durch bewusste und gewollte Täuschung des Kraftfahrtbundesamtes systematisch, langjährig und in Bezug auf den Dieselmotor der Baureihe EA 189 in siebenstelligen Stückzahlen in Deutschland Fahrzeuge in Verkehr gebracht hat, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgaswerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf den Prüfstand eingehalten wurden. Es bestünde insoweit jederzeit bei Aufdeckung dieses Sachverhaltes die Gefahr, dass eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung hinsichtlich des betroffenen Fahrzeuges erfolgen kann. Der Verbraucher, der in Unkenntnis einer solchen illegalen Abschalteinrichtung ein solches Fahrzeug erwirbt, wird damit bewusst getäuscht. Dieses Verhalten ist als besonders verwerflich und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren. Der Bundesgerichtshof stellt auch klar, dass die Firma Volkswagen AG nicht ausreichend vorgetragen hat, was im Konzern passiert ist und wer die grundlegenden strategischen Entscheidungen in Bezug auf die Entwicklung und Verwendung der unzulässigen Software getroffen hat. Dieses Verhalten müsse sich die Firma Volkswagen AG nach § 31 BGB zurechnen lassen. Der Verbraucher hat insoweit ein Fahrzeug erhalten, das für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist und kann daher Erstattung des Kaufpreises gegen Übereignung des Fahrzeuges verlangen. Er muss sich allerdings die Nutzungsvorteile auf Grundlage der gefahrenen Kilometer anrechnen lassen.

Welche Rechte haben Verbraucher jetzt noch?

Grundsätzlich hat die vorgenannte Entscheidung des Bundesgerichtshofes die Rechte von Verbrauchern im VW-Dieselabgasskandal erheblich gestärkt. Es stellt sich insoweit die Frage, ob betroffene Verbraucher jetzt noch ihre Rechte gegenüber der Firma Volkswagen AG geltend machen können. Dies ist nicht mehr möglich, wer sich bereits im sogenannten Musterfeststellungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Braunschweig angeschlossen hat und dort einen Vergleich mit der Firma Volkswagen AG erzielt hat. Käufer eines Fahrzeuges mit dem Motor EA 189, die bereits ein Klageverfahren angestrengt haben, dürfen von der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes vom 25.05.2020 erheblich profitieren. Alle anderen Verbraucher, die bisher noch kein Klageverfahren angestrengt haben, sollten dies schleunigst überlegen. Hier stellt sich natürlich die Frage, ob der Anspruch nicht bereits verjährt ist. Die Frage der Verjährung ist im Urteil des Bundesgerichtshofes vom 25.05.2020 nicht behandelt worden. Die Prozessbevollmächtigten der Firma Volkswagen AG vertreten in allen Verfahren die Auffassung, dass die Ansprüche der betroffenen Verbraucher nach drei Jahren, errechnet vom Ende des Jahres, in dem die Kunden Kenntnis vom Mangel bekamen, verjähren. Dann wäre Verjährung bereits zum Ende des Jahres 2018 eingetreten. Die Frage der Verjährung wird von der Rechtsprechung sehr uneinheitlich beurteilt. Manche Gerichte stellen darauf ab, dass erst im Jahre 2016 der Öffentlichkeit hinreichend bekannt war, was der Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung für Ihr Fahrzeug bedeutet. Dann wäre die Verjährung bereits zum 31.12.2019 eingetreten. Es lässt sich aber auch sehr gut die Auffassung vertreten, dass hinreichende Kenntnis der Verbraucher erst dann bestand, als entsprechende positive Urteile verschiedener Oberlandesgerichte vorlagen. Dies war erst im Jahre 2017 der Fall, sodass dann die Ansprüche der betroffenen Kunden der Firma Volkswagen AG erst zum 31.12.2020 verjähren. Vor diesem Hintergrund bestünde noch genug Zeit, jetzt die Firma Volkswagen AG auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen oder mit der Firma Volkswagen AG einen Vergleich in Form einer Wertentschädigung erzielen.

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Ralf Wöstmann

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