BGH-Entscheidung schafft Rechtsklarheit zur Fortbildungspflicht des mehrfachen Fachanwalts

Mit Beschluss vom 28.10.2019 hat der BGH sich der Möglichkeit der Doppelanrechnung von Fortbildungsstunden sogenannter "Kombinationsveranstaltungen" entgegengestellt. Dabei handelt es sich um Fortbildungsangebote, die in einem thematischen Überschneidungsbereich zweier Fachanwaltschaften liegen und die als geeignet zur Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung hinsichtlich mehrerer Fachanwaltschaften explizit angeboten werden.

Fortbildungspflicht des Fachanwalts

Ein Fachanwalt muss sich pro Fachgebiet mindestens im Umfang von 15 Stunden jährlich fortbilden. Fraglich war bislang, ob den Fachanwalt diejenigen Stunden, die thematisch sowohl zum einen, als auch zum anderen Fachgebiet gehören, in beiden Fachgebieten fortbilden.

Nach Ansicht des Klägers, einem mehrfachen Fachanwalt, ist dies der Fall. Die Möglichkeit der Doppelverwertung ergibt sich offenkundig durch das Veranstaltungsangebot, das thematisch als für eine oder mehrere Fachgebiete geeignet gekennzeichnet ist. Gerade weil der Satzungsgeber keine klaren, eindeutigen Regelungen in § 15 Fachanwaltsordnung (FAO) aufgenommen hat, die einer Doppelverwertung widersprechen würden, und weil gleichzeitig die in der FAO (§§ 8-14p) normierten Materien der jeweiligen Fachanwaltschaften thematische Überschneidungen vorsehen, ist die Doppelverwertung möglich. Wegen des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG durch die Auferlegung der Fortbildungspflicht hätte der Satzungsgeber einschränkende Regelungen ausdrücklich in die FAO aufnehmen müssen.

BGH: Keine mehrfache Anrechnung von fachübergreifenden Fortbildungsstunden

Der BGH hat den Antrag des von uns vertretenen Klägers auf Zulassung der Berufung abgelehnt. Die Vorinstanzen hätten richtig entschieden. Zudem handele es sich nicht um eine Rechtsfrage von besonderer rechtlicher Schwierigkeit oder von grundsätzlicher Bedeutung, da sich ihre Beantwortung unmittelbar aus dem Gesetz (§ 15 Abs. 3 FAO) ergebe. Dieses sehe die Erfüllung der Fortbildungspflicht je Fachgebiet vor. Aus den Gesetzgebungsmaterialien lasse sich die Absicht erkennen, dass die mehrfache Anrechnung von fachübergreifenden Fortbildungsstunden gerade ausgeschlossen sein sollte.

Erwartung des rechtssuchenden Publikums rechtfertigt Anforderung an zeitlichen Mindestumfang

Die Vorschrift diene der Qualitätssicherung. Das rechtssuchende Publikum gehe davon aus, dass ein Rechtsanwalt, der mehrere Fachanwaltstitel führt, sich umfassender als andere Rechtsanwälte fortbildet. Dieser Erwartung werde nicht mehr entsprochen, wenn die Doppel- bzw. Mehrfachanrechnung von Fortbildungsstunden erlaubt wäre.

Auch könne die Fortbildungspflicht hinsichtlich zweier Fachanwaltschaftsbezeichnungen nicht dadurch erfüllt werden, dass der Rechtsanwalt dieselbe Kombinationsveranstaltung doppelt besucht, da ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn nicht gegeben wäre.

Dass im Schrifttum hinsichtlich des Erwerbs einer Fachanwaltschaftsbezeichnung die Möglichkeit der Anrechnung eines Lehrgangs für ein Fachgebiet auch auf ein anderes Fachgebiet befürwortet wird, ändere nichts am Ergebnis. Denn bei der Erfüllung der Fortbildungspflicht zur Aufrechterhaltung der Fachanwaltschaft genüge der rein formale Nachweis der Teilnahme an den Fortbildungsveranstaltungen in dem erforderlichen zeitlichen Mindestumfang.

Verstöße gegen Artikel 3 und 12 Grundgesetz liegen nach Auffassung des BGH nicht vor, weil etwaige Eingriffe durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt seien.

Bei Fragen zu diesem Artikel wenden Sie sich gerne an:

Dr. jur. Sebastian Roling LL. M. (Public Law)
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Fachanwalt für Vergaberecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Dr. jur. Anna-Katharina Kraemer
Rechtsanwältin

Kontakt

Kanzlei Roling & Partner
Schloßstr. 20a
49074 Osnabrück

Telefon: 0541 / 6 00 63 - 0
Telefax: 0541 / 6 00 63 - 22
E-Mail: info(at)roling-partner.de

Unsere Öffnungszeiten:

Mo-Do08:00 - 13:00 Uhr
14:00 - 18:00 Uhr
Fr 08:00 - 13:00 Uhr
14:00 - 17:00 Uhr

mehr

click
to
open