Bundesgerichtshof: Keine Zwangsvereinbarung zum Versorgungsausgleich

Vereinbarungen von Ehegatten zum Versorgungsausgleich haben seit Inkrafttreten des neuen Versorgungsausgleichsgesetzes zum 01.09.2009 und der darin vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehenen Ausweisung der Dispositionsbefugnis von Ehegatten sowohl bei der Ausgestaltung sogenannter vorsorgender Eheverträge als auch bei der Gestaltung von Scheidungsfolgenvereinbarungen in der Praxis in erheblichem Maße zugenommen. Der Gesetzgeber hat mit dieser Neuregelung dem Umstand in der Praxis Rechnung getragen, dass offensichtlich viele Ehegatten ein Bedürfnis haben, sowohl im Falle der Eheschließung als auch für den Fall eines Scheiterns der Ehe und der anschließenden Scheidung abschließende Regelungen zum Versorgungsausgleich im Hinblick auf das Schicksal der in der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften zu treffen.

Rechtliche Verpflichtung zum Abschluss einer Vereinbarung zum Versorgungsausgleich

Während sowohl den vorsorgenden Eheverträgen als auch den Scheidungsfolgenvereinbarungen anheim ist, dass diese auf der Basis eines übereinstimmenden Willens beider Ehegatten, mithin freiwillig geschlossen werden, hatte sich der BGH jetzt mit der etwas ungewöhnlichen Fallkonstellation zu beschäftigen, dass ein Ehegatten gegen seinen Willen zum Abschluss einer Vereinbarung zum Versorgungsausgleich gezwungen werden sollte.

Beamtenrechtliche Versorgung versus Gesetzliche Rentenversicherung

Der antragstellende Ehegatte hatte ein Anrecht auf landesrechtliche Beamtenversorgung mit einem Ausgleichswert von monatlich 151,52 EUR und einem korrespondierenden Kapitalwert von 33.949,91 EUR erworben. Die antragsgegnerische Ehefrau hatte in der Ehezeit ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem Ausgleichswert von 1,9402 Entgeltpunkten und einem korrespondierenden Kapitalwert von 122.698,25 EUR sowie ein Anrecht in einer berufsständischen Versorgung mit einem Ausgleichswert von monatlich 39,50 EUR und einem korrespondierenden Kapitalwert von 5.057,59 EUR. Der Ehemann wollte seine Ehefrau nun verpflichtet wissen, einer Verrechnung seiner Anrechte in der landesrechtlichen Beamtenversorgung mit ihren Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung zuzustimmen, um so dem Verlust eines Ausgleichswertes in Höhe von monatlich 151,52 EUR in seiner landesrechtlichen Beamtenversorgung zu entgehen.

Nacheheliche Solidarität

Ob hierauf ein Rechtsanspruch besteht war in Rechtsprechung und Literatur bislang umstritten. Die Befürwortet stützten sich dabei auf den Grundsatz der nachehelichen Solidarität. Denn durch die Saldierung von Versorgungsanrechten würden dem zustimmungspflichtigen Ehegatten keine Nachteile entstehen, während sich die Position des verbeamteten Ehegatten ohne eine Verrechnung verschlechtern würde.

Interessenbeeinträchtigung

Dem wurde entgegengehalten, dass die rechtliche Verpflichtung zum Abschluss einer Vereinbarung zum Versorgungsausgleich der Verlust von Verhandlungsspielräumen für umfassendere Scheidungsfolgenvereinbarungen darstelle und daher die Interessen des in Anspruch genommenen Ehegatten nachhaltig beeinträchtige.

Keine Zwangsvereinbarung

Der BGH hat sich in seiner Entscheidung vom 30.10.2019 (XII ZB 537/17) der letztgenannten Rechtsauffassung angeschlossen und einer rechtlichen Verpflichtung zum Abschluss einer Vereinbarung zum Versorgungsausgleich eine Absage erteilt.

Dementsprechend bleibt es somit uneingeschränkt dabei, dass kein Ehegatte gegen seinen Willen zum Abschluss einer Vereinbarung zur Regelung der Scheidungsfolgen gezwungen werden kann, sondern diese auch weiterhin das ausschließliche Ergebnis einer freiwilligen Entscheidung beider Ehegatten bleibt.

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