Das Ende des konkreten Unterhaltsbedarfes

Einer der umstrittensten Bereiche anlässlich von Trennung und Scheidung ist der Kampf der Ehegatten um den Erhalt von Trennungs- und nachehelichen Ehegattenunterhaltes. Die Höhe des Anspruches bestimmt sich dabei regelmäßig nach den aktuellen wirtschaftlichen Verhältnissen der Eheleute und damit nach der jeweiligen Einkommenssituation. Die Ermittlung der Höhe des Unterhaltsanspruches bereitet dabei regelmäßig keine nennenswerten Schwierigkeiten, wenn sich das maßgebliche bereinigte monatliche Einkommen im Rahmen maximal bis zur höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle (derzeit 5.500,00 EUR) bewegt. Hier konnte die Höhe des Unterhaltsanspruches regelmäßig anhand der sogenannten 3/7-Differenzmethode auf mathematisch einfachem Weg errechnet werden. Auf die weitaus ganz überwiegenden Fälle fand diese Berechnungsmethode Anwendung.

Konkreter Unterhaltsbedarf

Weitaus schwieriger stellt sich die Unterhaltsberechnung dar, wenn ein bereinigtes Einkommen vorhanden war, dass sich – meist deutlich – von der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle abholt. Nach einheitlicher obergerichtlicher Rechtsprechung endete hier die Anwendbarkeit der Differenzmethode, so dass der Trennungs- oder nacheheliche Ehegattenunterhaltsanspruch des unterhaltsberechtigten Ehegatten anhand des sogenannten konkreten Unterhaltsbedarfes zu ermitteln war. In der Praxis bereitete dies oft ganz erhebliche Schwierigkeiten für den insoweit darlegungs- und beweisbelasteten unterhaltsberechtigten Ehegatten. Da hier kein Rückgriff auf eine schematisierte mathematische Berechnung erfolgte, musste der unterhaltsberechtigte Ehegatte meist anhand detaillierter Positionen darlegen, welche konkreten Ausgaben er in der Ehezeit monatlich für seinen gewöhnlichen Lebensbedarf tätigte. Diese erheblichen Darlegungs- und Beweislastprobleme hatten häufig zur Folge, dass es dem unterhaltsberechtigten Ehegatten in den seltensten Fällen gelang, seinen wirklich konkreten Unterhaltsbedarf schlüssig darzulegen und vor allem durch die Instanzgerichte auch zugesprochen zu erhalten.

Neue Unterhaltsberechnungsmethode

Diese erheblichen prozessualen Probleme für den unterhaltsberechtigten Ehegatten hat der BGH nun in ganz erheblichem Umfang den Wind aus den Segeln genommen. Bereits in seiner Entscheidung vom 05.11.2017 – XII ZB 503/16 hat der BGH ausgeführt, dass es rechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn die Tatsachengerichte im Sinne einer tatsächlichen Vermutung davon ausgehen, dass ein Familieneinkommen bis zur Höhe des Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommensbetrages vollständig für den Lebensbedarf der Familie verwendet worden ist und dass der Unterhaltsbedarf in diesem Fall dann ohne Darlegung der konkreten Einkommensverhältnisse nach der Einkommensquote bemessen werden kann.

Familieneinkommen maßgeblich

Dies hat der BGH in seiner jüngsten Entscheidung vom 25.09.2019 – XII ZB 25/19 nochmals bekräftigt und dort erläuternd ausgeführt, dass als Familieneinkommen dabei das Einkommen anzusehen ist, das für Konsumzwecke der beiden Eheleute zur Verfügung steht und damit unterhaltsrelevant ist. Zur Beurteilung, ob die Grenze für die tatsächliche Verbrauchsvermutung überschritten ist, sind – so der BGH weiter – daher die Einkünfte der Eheleute vorab um vorrangigen Kindesunterhalt, sonstige eheprägende Unterhaltsverpflichtungen, berufsbedingte Aufwendungen und etwaige weitere berücksichtigungsfähige Positionen zu bereinigen. Verbleibt danach immer noch ein Familieneinkommen von 11.000,00 EUR (das Doppelte der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle), so kann der Trennungs- oder nacheheliche Ehegattenunterhaltsanspruch des unterhaltsberechtigten Ehegatten weiterhin nach der Quotenmethode anhand der 3/7-Differenz errechnet werden. Einer Darlegung des konkreten Unterhaltsbedarfes bedarf es hier daher nicht mehr. Nur wenn höheres Familieneinkommen vorhanden ist und der unterhaltsberechtigte Ehegatte einen Unterhalt auf der Grundlage dieses höheren Einkommens berechnet wissen will, bleibt er in der Verpflichtung wieder den konkreten Unterhaltsbedarf darlegen zu müssen.

Der BGH hat mit diesen beiden Entscheidungen auch in einer Vielzahl von Fällen, bei denen die wirtschaftlichen ehelichen Lebensverhältnisse von einem sogenannten überdurchschnittlichen Erwerbseinkommen geprägt werden, der Praktikabilität der unterhaltsrechtlichen Differenzmethode zugeordnet und damit auch in diesem Fallkonstellationen die Berechnung und vor allem die Durchsetzung von Trennungs- und nachehelichem Ehegattenunterhaltsansprüchen für den unterhaltsberechtigten Ehegatten deutlich vereinfacht.

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