Oftmals wollen Erblasser in ihrem Testament bei Vorhandensein mehrerer Kinder einem Kind zusätzlich zu dem – für alle Kinder gleichen – abstrakten Erbteil einen Nachlassgegenstand letztwillig zuwenden. Dies kann durch ein sog. Vorausvermächtnis gem. § 2150 BGB erfolgen.
Teilungsanordnung oder Vorausvermächtnis
Charakteristikum des Vorausvermächtnisses ist, dass der Miterbe, dem dieses zugewandt ist, ein Erbteil erhält, den er sich wirtschaftlich nicht auf seinen Erbteil anrechnen lassen muss. Ein Vorausvermächtnis ist immer abzugrenzen gegen eine sog. Teilungsanordnung gem. § 2048 BGB. Die Abgrenzung ist in der Praxis oft schwierig, insbesondere dann, wenn das Testament hierzu keine eindeutige Aussage trifft, was insbesondere bei privatschriftlichen Testamenten oft vorkommt.
Subjektiver Begünstigungswille?
Für die Annahme einer gesonderten Zuwendung an einen Miterben im Rahmen eines Vorausvermächtnisses verlangt die Rechtsprechung einen subjektiven Begünstigungswillen des Testierenden dahingehend, dass dieser einen Miterben gegenüber dem anderen bevorteilen will. Ist dieser subjektive Erblasserwille im Rahmen der Auslegung nicht zu ermitteln, liegt eine Teilungsanordnung nach § 2048 BGB vor. Der Gesetzgeber geht dann davon aus, dass die erbrechtliche "Grundquote" aller Miterben für den Erblasser bestimmend war und die Miterben deshalb wirtschaftlich gleichbehandelt werden müssen. Dies bedeutet, dass bei Annahme einer Teilungsanordnung Wertunterschiede zur erbrechtlichen Grundquote ausgeglichen werden müssen.
Auch erbschaftssteuerlich gibt es einen Unterschied. Die Finanzverwaltung interessiert die Teilungsanordnung nicht, sie geht von der testamentarischen Grundquote aus. Anders bei dem Vorausvermächtnis; hierdurch kommt es zu einer Verschiebung der Erbquoten und zur erbschaftssteuerlichen Veranlagung des jeweils konkret – einschließlich des Vorausvermächtnisses – erhaltenen Vermögens.
Wenn ein Testierender also die Rechts- und Steuerwirkungen eines Vorausvermächtnisses erreichen will, muss er dies in seiner letztwilligen Verfügung konkret zum Ausdruck bringen. Nur wenn er dem zusätzlich bedachten Miterben subjektiv einen Wertvorteil gegenüber den anderen Miterben verschaffen wollte, den der bedachte Miterbe zusätzlich zu seinem Erbteil anrechnungsfrei erhalten soll, ist nach der Rechtsprechung und Literatur ein hinreichender Begünstigungswille anzunehmen.
Aufgrund der komplizierten Abgrenzung und der erbschaftssteuerlichen Unterschiede sollten diese Rechtsinstitute nicht ohne fachkundige Beratung eingesetzt werden.
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