Das Erbrecht regelt, wie eine Person ihren Nachlass verteilen kann. Doch was passiert, wenn ein Erblasser seinen Betreuer im Testament als Erben einsetzt?
Testierfreiheit hat hohen Stellenwert!
Die Gerichte halten immer wieder fest, dass die Testierfreiheit ein sehr hohes Gut ist und von Art. 14 GG geschützt wird. Wenn ein Mensch sich mittels letztwilliger Verfügung bei seinem Betreuer für dessen Unterstützung bedanken möchte, sollte dies also möglich sein.
Das Annahmeverbot für Berufsbetreuer
Allerdings sieht der Staat das Risiko einer Einflussnahme auf den Betreuten, der sich in einer hilfebedürftigen Lage befindet und versuchen könnte, sich durch den Einsatz seines Vermögens Vorteile zu sichern. Laut § 30 BtOG ist es daher beruflichen Betreuern untersagt, derartige Erbschaften anzunehmen. Ein solches Annahmeverbot richtet sich nur an berufliche Betreuer und hat daher keine Auswirkungen hinsichtlich privater Betreuer. Zudem richtet sich das Verbot nicht an den Erblasser als Betreuten, weswegen dessen Testament also nicht unwirksam ist. Allenfalls bekommt der Berufsbetreuer also Probleme mit der für ihn zuständigen Aufsichtsbehörde, wenn er die Erbschaft nicht ausschlägt.
Der auffällig plötzliche Erbenwechsel – sittenwidriger Einflussnahme durch Betreuer?
Anders sieht es aus, wenn Betreuer ihren Einfluss auf ältere oder kranke Menschen ausnutzen. Dieses Thema wurde kürzlich durch eine Entscheidungen des OLG Oldenburg beleuchtet: Eine ältere, alleinstehende Person, die aufgrund ihres Gesundheitszustands auf eine Betreuerin angewiesen ist, ändert kurz vor ihrem Tod ihr Testament. Plötzlich wird die Betreuerin zur Alleinerbin eingesetzt – ohne, dass nahe Verwandte oder frühere Begünstigte berücksichtigt werden.
Das OLG Oldenburg hat klargestellt, dass ein Testament sittenwidrig und damit unwirksam ist, wenn eine Betreuerin gezielt auf eine ältere, kranke Person einwirkt, um ein Testament zu ihren Gunsten zu erstellen. Das Gericht betonte, dass Berufsbetreuer eine besondere Verantwortung haben. Sie dürfen ihre Machtposition nicht missbrauchen, um persönliche Vorteile zu erlangen. Die Betreuerin hatte den Notar selbst organisiert und die Testamentserrichtung aktiv vorangetrieben, was das Gericht als sittenwidrig einstufte. Das Testament wurde daher für ungültig erklärt.
Die Gefahr des bösen Scheins
Der ganz überwiegende Anteil der Betreuer – beruflich wie privat – wird nichts sittenwidriges im Schilde führen und zumeist durch die Erbschaft sogar überrascht. Die Betreuung hilfsbedürftiger Menschen ist ein schwieriges und ehrenvolles Amt und es ist nachvollziehbare Motivation von Betreuten, sich auch von Todes wegen bei ihren Betreuern erkenntlich zeigen zu wollen, ohne dass man stets Sittenwidrigkeit vermuten müsste. Damit nach dem Tode des Betreuten dessen letztwillige Verfügung zugunsten des Betreuers auch standhält, sollten derartige Gestaltungen fachkundig und notariell abgesichert werden.
Bei Fragen zum Erbrecht wenden Sie sich gerne an:
Hermann Roling
Rechtsanwalt und Notar a.D.,
Fachanwalt für Erbrecht
Dr. Sebastian Roling
Rechtsanwalt und Notar