Fernabsatzgesetz, Widerruf und Wertminderung

Zunehmend werden Kaufverträge nicht mehr im Ladenlokal, sondern per Internet abgeschlossen. Kaufverträge im Internet sind eine besondere Vertriebsform, bei denen dem Käufer, der Verbraucher ist, regelmäßig das Recht zum Widerruf seiner Willenserklärung zusteht. Probleme entstehen dann gelegentlich, wenn der Verkäufer die Sache nicht in dem Zustand zurückerhält, wie er sie geliefert hat.

Nach Fernabsatzverträgen steht dem Käufer regelmäßig ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gem. § 346 Abs. 1 BGB zu, ein Verkäufer kann dagegen unter Umständen Wertersatz für eine Verschlechterung der Sache gem. § 357 Abs. 3 BGB verlangen. Dies setzt voraus, dass der Verkäufer spätestens bei Vertragsschluss den Käufer in Textform auf diese Rechtsfolge und die Möglichkeit hingewiesen hat, dies zu vermeiden. Jedenfalls besteht eine Verpflichtung des Verbrauchers zum Wertersatz dann nicht, wenn die Verschlechterung der Sache ausschließlich darauf zurückzuführen ist, dass der Käufer den Kaufgegenstand geprüft hat.

Kein Wertersatz aufgrund von Ingebrauchnahme

Der Bundesgerichtshof als höchstes deutsches Zivilgericht hat am 03.11.2010 hierzu entschieden, dass ein Verbraucher, der über den Weg des Internet ein Wasserbett gekauft hat, keinen Wertersatz für die Verschlechterung des Wasserbettes durch Ingebrauchnahme schuldet, die darauf zurückzuführen ist, dass der Verbraucher nach Erhalt das Wasserbett aufgebaut hat und die Matratze mit Wasser befüllt sowie dann drei Tage lang benutzt hat. 

Vier Tage nach Lieferung widerrief der Verbraucher seine Willenserklärung mit der Angabe, er habe in den letzten Tagen das Wasserbett ausgiebig getestet. Die Verkäuferin machte geltend, wegen der Ingebrauchnahme und mehrtägigen Benutzung das Wasserbett praktisch nicht mehr verkaufen zu können, lediglich die Heizung sei noch verwertbar, die Verkäuferin wollte lediglich rund 1/5 des Kaufpreises daher erstatten.

Wertverlust durch Prüfung nicht vom Verbraucher zu tragen

Der Bundesgerichtshof hat hierzu ausgeführt, die Verschlechterung sei ausschließlich auf eine Prüfung der Sache i.S.d. § 357 Abs. 3 S. 2 BGB zurückzuführen. Klargestellt hat der BGH bei dieser Gelegenheit, dass auf der Grundlage der gesetzlichen Begründung zum Entwurf des Gesetzes ausgeschlossen werden sollte, dass dem Verbraucher im Ergebnis ein Prüfungsrecht genommen wird, weil er anderenfalls immer das Risiko der Wertminderung tragen müsste. 

Danach soll der aus der bloßen Prüfung herrührende Wertverlust in keinem Fall vom Verbraucher zu tragen sein, gleichgültig, ob er vom Unternehmer auf ein derartiges Haftungsrisiko hingewiesen worden ist oder nicht. Der BGH stellte fest, dass nur diese Beurteilung auch im Einklang mit der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlamentes über den Verbraucherschutz bei Ver-tragsabschlüssen im Fernabsatz stünde. Denn nach dieser Richtlinie kann ein Verbraucher jeden Vertragsabschluss im Fernabsatz innerhalb einer Frist von mindestens sieben Werktagen ohne Angabe von Gründen und ohne Strafzahlung widerrufen.

Auch Hinweis des Verkäufers ändert Prüfungsberechtigung nicht

Abschließend hat der BGH festgehalten, dass auch ein ordnungsgemäßer Hinweis eines Verkäufers dazu, wie Wertersatz für eine Verschlechterung der Sache vermieden werden kann, nichts am gesetzlich geregelten Umfang der Prüfungsberechtigung des Verbrauchers ändert.

Eine jedenfalls im Ergebnis verbraucherfreundliche Entscheidung, die in einiger Hinsicht allerdings den Verkäufer von Waren über das Internet schlechter stellen dürfte, als den klassischen Betreiber eines Ladenlokals.

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