Eine Arbeitnehmerin besuchte während der Arbeitszeit für mindestens 10 Minuten ein nahegelegenes Café, um dort mit einer Freundin Kaffee zu trinken. Dabei wurde sie vom Arbeitgeber von seinem Auto aus beobachtet. Nachdem sich der Arbeitgeber vergewissert hatte, dass sich die Arbeitnehmerin vor dem Cafébesuch nicht aus dem Zeiterfassungssystem ausgeloggt hatte, stellte er sie zur Rede. Den Vorwurf falscher Arbeitszeitdokumentation wies die Arbeitnehmerin vehement zurück und erklärte auch noch auf Vorhalt des Arbeitgebers, sie persönlich im Café beobachtet zu haben, dass er sich irren müsse. Erst als der Arbeitgeber ankündigte, ihr die Beweisfotos auf seinem Mobiltelefon zu zeigen, räumte sie ihre Pflichtverletzung ein. Diesen Vorfall nahm der Arbeitgeber zum Anlass, das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich zu kündigen. Hiergegen wandte sich die Arbeitnehmerin mit einer Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht wies ihre Klage jedoch ab und auch die anschließend eingelegte Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.
Chef angelogen - Irreparabler Vertrauensverlust
Das LAG Hamm hielt die außerordentlich fristlose Kündigung des Beklagten im Ergebnis für wirksam und stellte fest, dass jedenfalls das Nachtatverhalten der Klägerin, nämlich das Abstreiten und Leugnen der Tat, zu einem irreparablen Vertrauensverlust geführt habe. Das Verhalte der Klägerin sei für sich genommen als wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung geeignet. Dabei handelte die Klägerin nach Auffassung des Gerichts auch vorsätzlich, da sie angesprochen auf die fehlerhafte Arbeitszeiterfassung, ihre Tat zunächst vehement geleugnet hatte. Auch die vom Gericht vorgenommene Interessenabwägung fiel zulasten der Klägerin aus. Das Gericht sah die für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauensgrundlage aufgrund des auf Heimlichkeit und Verschleierung angelegten Verhaltens der Klägerin als nicht mehr gegeben an. Einer vorherigen Abmahnung bedurfte es daher ausnahmsweise nicht.
Unsere Einschätzung - Anhörung Arbeitnehmer und Abmahnung als sicherster Weg
Auch wenn Arbeitszeitbetrug nach der Rechtsprechung an sich als wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung geeignet ist, werden an die Wirksamkeit einer darauf gestützten Kündigung hohe Anforderungen gestellt. Hätte die Arbeitnehmerin in dem vom LAG entschiedenen Fall den Vorwurf nicht beharrlich abgestritten, sondern gleich eingeräumt, wäre ihrer Klage wohl stattgegeben worden. Schließlich stützte das Gericht seine Entscheidung vor allem darauf, dass die Arbeitnehmerin wenig Einsicht und geringe Hemmungen gezeigt habe, ihrem Arbeitgeber „ins Gesicht zu lügen“. In der Praxis haben Kündigung aufgrund von Arbeitszeitbetrug allerdings nur selten Bestand. So fällt es dem Arbeitgeber naturgemäß schwer, dem Arbeitnehmer ein auf Heimlichkeit angelegtes, vorsätzliches oder systematisches Fehlverhalten nachzuweisen. Hat der Arbeitnehmer die Arbeitszeit nachweislich falsch dokumentiert, empfiehlt es sich, den Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung zunächst anzuhören.
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