Haftung für den Verlust von Reisegepäck

Sommerzeit ist Reisezeit. Dieses Jahr enden für viele reisewillige Personen die gebuchten Flugreisen jedoch mit dem Verlust ihrer Gepäckstücke. Die Hintergründe lassen sich vielfach nicht aufklären. Im Folgenden stellen wir kurz dar, welche Ansprüche reisenden Personen zustehen.

Herausgabe

Grundsätzlich schuldet die Airline natürlich die Herausgabe des Gepäckstücks.

Schadenersatzanspruch bei Verlust

Sollte dies aufgrund des Verlustes des Gepäckstücks nicht mehr möglich sein, schuldet die Airline Schadenersatz. Der Schadenersatzanspruch ergibt sich in den allermeisten Fällen aus dem Montrealer Abkommen (MontUe).

Ob das MontUe Anwendung findet, richtet sich danach, ob Abflughafen und Zielflughafen im Hoheitsgebiet von zwei Vertragsstaaten des MontUe liegen, Art. 1 Abs. 1 und 2 MontUe. Zu den Vertragsstaaten zählen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

Der Anspruch auf Schadensersatz bei Verlust eines aufgegebenen Gepäckstücks ergibt sich aus Art. 17 Abs. 2 MontUe. Der Anspruch besteht verschuldensunabhängig. Ein Gepäckstück gilt als endgültig verloren, wenn es binnen 21 Tagen nach der tatsächlichen Landung am Zielflughafen nicht wieder aufgetaucht ist, Art. 17 Abs. 3 MontUe (Strauch in: Geigel, Haftpflichtprozess, 28. Auflage 2020, Rn. 100; AG Charlottenburg, Urteil vom 17.01.2008 – 229 C 224/07).

Um diesen Anspruch geltend zu machen, muss der Verlust des Gepäcks dem entsprechenden Luftfrachtführer innerhalb von zwei Jahren nach der Landung am Zielflughafen angezeigt werden. Die Beweislast der Stellung dieser sogenannten Verlustanzeige (property irregularity report) gegenüber dem Luftfrachtführer liegt bei der anspruchstellenden Person (AG Köln, Urteil vom 06.03.2017 – 142 C 57/16, Rn. 17).

Höhe des Anspruchs

Die Höhe des Schadensersatzanspruchs wird nicht pauschal bestimmt, sondern nach dem tatsächlich eingetretenen Schaden. Das bedeutet, dass die anspruchstellende Person glaubhaft darstellen und nachweisen muss, was genau sich in dem verloren gegangenen Gepäckstück befand. Dies erfolgt zum Beispiel durch Kassenbons oder eidesstattliche Versicherungen.

Zudem werden Ersatzkäufe für die verloren gegangenen Gegenstände als Schaden berücksichtigt. Dies umfasst Ersatzeinkäufe und Noteinkäufe, jedoch keine Luxuskäufe. Allerdings gilt es hier zu beachten, dass bei einem Heimflug zunächst vermutet wird, dass im eigenen Haushalt Ersatz für den Inhalt des Gepäckstücks vorhanden ist und somit keine Noteinkäufe erforderlich werden, die einen Schadenersatzanspruch begründen würden. Bei Ersatzeinkäufen wird die Höhe des Schadensersatzes anhand des Zeitwertes, nicht des Kaufpreises, berechnet (AG Düsseldorf, Urteil vom 16.12.2016 – 49 C 554/15).

Zudem kann der Flugfrachtführer im Rahmen der AGBs seine Haftung für bestimmte Gegenstände wie bspw. Schmuck, Mobiltelefon ausschließen.

Gemäß Art. 22 Abs. 2 MontUe haftet der Luftfrachtführer nur bis zu einer Höchstgrenze von 1.288 Sonderzeichen (SZR), was aktuell eine Höchstgrenze von 1.600,00 EUR bedeutet. Diese gilt allerdings nicht, wenn der Luftfrachtführer den Schaden zu vertreten hat, also vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, § 276 Abs. 1 BGB. Hinsichtlich des Vertretenmüssens liegt die Beweislast bei der anspruchstellenden Person. Diese muss nachweisen können, dass die Airline vorsätzlich oder fahrlässig handelte Dieser Beweis wird in der Praxis kaum zu erbringen sein.

Gegenstände von mitreisenden Personen

Bei mitreisenden Personen, welche ihre Sachen in einem von einer anderen Person aufgegebenen Gepäckstück verstauen, besteht ebenfalls ein Anspruch aus Art. 17 Abs. 2 MontUe. Auch diese Gegenstände werden von der mitreisenden Person über das Gepäck in die Obhut des Luftfrachtführers übergeben. Der Anspruch aus Art. 17 Abs. 2 MontUe ist insofern nicht an den zu Dokumentationszwecken ausgehändigten Gepäckschein gebunden, sodass es sich auch bei Sachen eines einer mitreisenden Person um aufgegebenes Gepäck handelt. Dieser Anspruch kann auch nicht deswegen ausgeschlossen werden, weil die Haftungshöchstgrenze bereits mit dem Schadensersatzanspruch der Person, welche das Gepäckstück aufgegeben hat, erreicht ist. Für die mitreisende Person gilt somit eine eigene Haftungshöchstgrenze (BGH, Urteil vom 15.03.2011 – Az. X ZR 99/10).

Sonderfall: Pauschalreise

Bei Pauschalreisen, also solchen Reisen, bei denen mehr als eine Reiseleistung in Anspruch genommen wird (§ 651a BGB) ergibt sich wahrscheinlich auch ein Schadenersatzanspruch gegen das die Reise veranstaltende Unternehmen. Es empfiehlt sich daher, den Verlust von Gepäckstücken auch dort umgehend anzuzeigen. Das, die Reise veranstaltende Unternehmen ist nach Reiserecht verpflichtet, das aufgegebene Gepäck der Reisenden während der Reise sowohl ins Feriendomizil als auch nach der Rückkehr aus dem Urlaub nach Hause auszuliefern. Wenn der Verlust eines Gepäckstücks eintritt, liegt ein Reisemangel nach § 651c Abs. 1 BGB vor, sodass ein Schadensersatzanspruch gegen das die Reise veranstaltende Unternehmen entsteht. Dieses kann sich dabei auch auf das MontUe berufen und die darin geregelte Haftungsobergrenze geltend machen, § 651h Abs. 2 BGB. Hier gelten zudem die nationalen Bestimmungen für Pauschalreisen.

Bei allen reiserechtlichen Fragen steht Ihnen Rechtsanwalt Nils Gerloff (Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht) gerne zur Seite.

Nils Gerloff

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