Neue Entscheidung des BGH zum gutgläubigen Erwerb eines PKW nach einer Probefahrt

In einem Urteil vom 18.09.2020 (V ZR 8/19) hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage befasst, ab wann eine Sache als Abhandenkommen gilt und damit kein gutgläubiger Eigentumserwerb möglich ist. Der BGH entschied, dass ein Fahrzeug, das einem vermeidlichen Interessenten für eine Probefahrt überlassen und von diesem dann später nicht zurückgebracht worden ist, nicht als abhandengekommen im Sinne von § 935 BGB gilt. Entsprechend kann später ein Dritter im guten Glauben Eigentum an dem entsprechenden Fahrzeug erwerben. Der Sachverhalt lag so:

Unterschlagung des PKW auf der Probefahrt

Beim klagenden Autohaus erschien ein vermeidlicher Kaufinteressent für ein als Vorführwagen genutztes Kraftfahrzeug, ein Mercedes Benz Van, im Wert von knapp 53.000,00 €. Nachdem der Interessent hochprofessionelle Fälschungen eines italienischen Personalausweises, einer Meldebescheinigung einer deutschen Stadt und eines italienischen Führerscheins vorgelegt hatte, wurde ihm vom Autohaus für eine unbegleitete Probefahrt von einer Stunde auf der Grundlage eines „Fahrzeug—Benutzungsvertrages“ ein Fahrzeugschlüssel, das mit einem roten Kennzeichen versehene Fahrzeug, das Fahrtenbuch und Fahrzeugscheinheft sowie eine Kopie der Zulassungsbescheinigung Teil I ausgehändigt. Der Kaufinteressent brachte das Fahrzeug nicht mehr zum Autohaus zurück. Kurz danach wurde es in einem Internetverkaufsportal von einem Privatverkäufer angeboten. Die späteren Beklagten in dem Rechtsstreit erwarben den Van von dem Privatverkäufer laut Internetanzeige. Dabei erkannten Sie nicht die Fälschung der ihnen übergebenen Fahrzeugunterlagen. Die Beklagten zahlten an den Privatverkäufer 46.500,00 € und erhielten das Fahrzeug, die Zulassungspapiere und einen Fahrzeugschlüssel. Die Beklagten wollten das Fahrzeug dann auf sich zulassen, was die entsprechende Zulassungsbehörde ablehnte, da das Fahrzeug als gestohlen gemeldet war. Das Autohaus klagte nun auf Herausgabe des PKW sowie des Originalschlüssels, wohingegen die Erwerber des Vans wiederklagend die Herausgabe der Original-Zulassungspapiere und des Zweitschlüssels verlangten.

Gutgläubiger Erwerb eines PKW möglich

Der Bundesgerichtshof hat sich den Fall zugunsten der Erwerber des Vans entschieden. Begründet wird dies damit, dass ein Abhandenkommen im Sinne von § 935 BGB einen unfreiwilligen Besitzverlust voraussetzt. Nur weil die Besitzübertragung vom Autohaus auf den vermeidlichen Kaufinteressenten auf einer Täuschung beruhe, sei sie nicht automatisch unfreiwillig. Die Überlassung des Vans zum Zwecke einer Probefahrt führte nach Auffassung des BGH zu einem Besitzübergang auf den Kaufinteressenten. Dieser sei auch nicht Besitzdiener des Verkäufers gem. § 855 BGB, da es an dem erforderlichen Abhängigkeitsverhältnis fehle. Mithin hat nach Auffassung des BGH das Autohaus mit der freiwilligen Überlassung des Fahrzeuges zu einer Probefahrt den Besitz an dem Fahrzeug verloren. Wenn es dann nicht zurückgegeben wird, stellt dies eben kein Abhandenkommen im Sinne von § 935 BGB dar, weshalb dann durch den späteren Ankäufer ein gutgläubiger Erwerb möglich ist.

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