Neue Rechtsprechung zum Fahren ohne Fahrradhelm - Mithaftung des Fahrradfahrers bei Kopfverletzungen

Fahrradfahrer sind neben Fußgängern die schwachen Teilnehmer im Straßenverkehr, so dass sie bei Verkehrsunfällen häufig verletzt werden, insbesondere Kopfverletzungen haben natürlich gravierende gesundheitliche Folgen. Sportlich ambitionierte Radfahrer tragen zu ihrem eigenen Schutz selbstverständlich einen Fahrradhelm, so dass die Rechtsprechung hieraus abgeleitet hat, dass bei fehlendem Helm ein Mitverschulden des Rennradfahrers vorliegt, was dann zu einer Anspruchskürzung führt. 

Dies war herrschende Rechtsprechung der Oberlandesgerichte in Deutschland. Nunmehr hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht erstmals die herrschende Rechtsprechung ignoriert und sozusagen eine allgemeine Helmpflicht für Radfahrer, die das Fahrrad als allgemeines Fortbewegungsmittel nutzen, angenommen. Nach Auffassung des OLG Schleswig sei der verletzten Radfahrerin ein Mitverschuldensanteil von 20 % anzurechnen. Ein Helm hätte nach den Feststellungen eines Sachverständigen die Kopfverletzung der Radfahrerin in einem gewissen Umfang verringern können, jedoch überwiege das grob fahrlässige Verhalten der Autofahrerin, die, ohne sich umzuschauen die Autotür öffnete, gegen die die Radfahrerin fuhr und sich schwere Schädel-Hirnverletzungen zuzog. 

Oberlandesgericht beruft sich auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes

Zur Begründung beruft sich das OLG Schleswig auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach ein Mitverschulden des Geschädigten auch ohne das Bestehen gesetzlicher Vorschriften angenommen werden kann, wenn dieser „diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt“. Der Geschädigte müsse also nicht nur die geschriebenen Regeln der Straßenverkehrsordnung einhalten, sondern auch das beachten, was durch die konkreten Umstände und Gefahren im Verkehr geboten sei sowie nach dem, was den Verkehrsteilnehmern zumutbar sei, um diese Gefahren möglichst gering zu halten. Von daher sei auch das Tragen eines Fahrradhelms zumutbar, um Schaden von sich selbst abzuwenden. 

Keine Unterscheidung zwischen Rennrad und „normalem“ Fahrrad

Mit dieser Entscheidung hat erstmalig ein höheres Gericht ein Mitverschulden bei einem „gewöhnlichen“ Fahrradfahrer angenommen. Dies galt sowieso schon für Rennradfahrer. Das OLG Schleswig meint, dass es angesichts des Fortschritts in der Fahrradtechnik nicht richtig sei, zwischen verschiedenen Fahrradtypen zu unterscheiden. Auch mit „normalen“ Fahrrädern könnten heute bereits höhere Geschwindigkeiten erreicht werden, weshalb dann das Tragen eines Helms angezeigt sei. 

Es bleibt nun abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof diese Entscheidung des OLG Schleswig hält, denn die Revision wurde zugelassen. Der Fall zeigt aber wiederum, dass gerade für die Regulierung von Personenschäden nach Verkehrsunfällen die Hinzuziehung eines Fachanwaltes für Verkehrsrecht unbedingt nötig ist, um die Rechte gegenüber der Versicherung durchzusetzen. Die Kosten des Rechtsanwalts übernimmt in der Regel eine Verkehrsrechtsschutzversicherung. 

Ralf Wöstmann

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht 

Kontakt

Kanzlei Roling & Partner
Schloßstr. 20a
49074 Osnabrück

Telefon: 0541 / 6 00 63 - 0
Telefax: 0541 / 6 00 63 - 22
E-Mail: info(at)roling-partner.de

Unsere Öffnungszeiten:

Mo-Do08:00 - 13:00 Uhr
14:00 - 18:00 Uhr
Fr 08:00 - 13:00 Uhr
14:00 - 17:00 Uhr

mehr

click
to
open