Neuerungen im Autokaufrecht ab dem 01.01.2022

Durch die Warenkaufrichtlinie der EU wurden die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft verpflichtet, den Inhalt der Richtlinie bis zum 01.07.2021 in nationales Recht umzusetzen und auf alle ab dem 01.01.2022 geschlossen Kaufverträge anzuwenden. Dies ist durch den Bundesgesetzgeber inzwischen passiert, sodass das neue Kaufrecht ab dem 01.01.2022 auch für Autokaufverträge gilt.

Neuer Sachmangelbegriff

Der Sachmangelbegriff in § 434 BGB wurde neu strukturiert. Er enthält nun subjektive und objektive Komponenten. Subjektiv ist alles, was im Kaufvertrag vereinbart wurde und objektiv ist das Übliche, das der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Im bisherigen Sachmangelbegriff war die vereinbarte Beschaffenheit vorherrschend. Auf die übliche und zu erwartende Eigenschaft kam es also bisher nur dann an, wenn nichts soweit vereinbart war. Zukünftig gilt, dass die Sache auch so beschaffen sein muss, wie vereinbart und wie üblich. Wird also ein Standard außerhalb des Üblichen vereinbart (z.B. ein junger Gebrauchtwagen ist nicht aufbereitet, Kratzer und Dellen sind noch vorhanden) ist das Fahrzeug wegen der Kratzer und Dellen dennoch mangelhaft, da diese bei jungen Gebrauchtwagen nicht üblich sind. Beim Verbrauchsgüterkauf steht dem Verkäufer dann nicht mehr die Entlastung nach § 442 BGB zur Seite, denn diese Norm gilt nunmehr im Verbrauchsgüterkauf nicht mehr.

Abweichende Vereinbarung und Formerfordernisse

Eine abweichende Vereinbarung nach unten ist nur dann wirksam, wenn die Formvorschrift des § 476 Abs. 1 BGB eingehalten ist. Der Verbraucher muss also vor Vertragsschluss eigens (also in einem vom Kaufvertrag getrennten Dokument) darauf hingewiesen werden, dass ein bestimmtes Merkmal der Ware von den objektiven Anforderungen abweicht. Zusätzlich muss das im Kaufvertrag hervorgehoben wiederholt werden. Als eines von mehreren Merkmalen in einer Aufzählung genügt es also nicht, wie sich aus der Gesetzesbegründung eindeutig ergibt. Hieraus ergeben sich erhebliche Verbraucherrechte und Nachteile für gewerbliche Autoverkäufer.

Erweiterter Sachmangelbegriff

In Zukunft kann sich auch ein Mangel der Kaufsache dann ergeben, wenn Montageanleitung und Ähnliches unbrauchbar sind. Dies kommt zu den objektiven und subjektiven Komponenten im Sachmangelbegriff noch hinzu. Auch aus einer fehlerhaften Montageanleitung können sich also Gewährleistungsrechte des Käufers ergeben.

Waren mit digitalen Elementen

Neu eingeführt wurden auch zusätzliche Mangelmerkmale bei einer Ware mit digitalen Elementen und einer Ware mit digitalen Elementen bei dauerhafter Bereitstellung der digitalen Elemente.

Ein Auto in der heutigen Ausstattung ist stets eine Sache mit digitalen Elementen. Wenn also planmäßig ständig Daten von außen empfangen werden (z.B. Navigationsdaten oder zukünftig Daten für autonomes Fahren) liegt eine Ware mit digitalen Elementen bei dauerhafter Bereitstellung der Daten vor. Diese Vorschriften bringen eine Aktualisierungspflicht für die digitalen Elemente im vereinbarten und üblichen Umfang mit sich. Folglich kann auch ein fehlendes Software-Update einen Sachmangel darstellen. Hierbei wird dann nicht mehr wie bisher auf den Übergabezeitpunkt (Gefahrübergang) abgestellt, sondern auf die akute Aktualisierungsnotwendigkeit. Hieran knüpft dann auch die Verjährungsregel in § 475e BGB an. Mithin muss ein Verkäufer den Verbraucher künftig auf die anstehende Aktualisierung hinweisen. Dies ist insbesondere für Autohändler, die ein markenfremdes gebrauchtes Fahrzeug veräußern, sehr schwierig.

Verkürzung der Verjährungsfrist bei Gebrauchtwagen

Im neuen Kaufrecht ist nunmehr zulässig, was nach der sog. „Ferenschild-Entscheidung“ des EuGH nicht zulässig war. Die Verjährung der Sachmängelansprüche bei Gebrauchtfahrzeugen im Verbrauchsgüterkauf darf auf ein Jahr verkürzt werden. Allerdings darf dies nicht mehr in allgemeinen Geschäftsbedingungen geschehen. Auch genügt eine hervorgehobene Formulierung im Kaufvertrag nicht mehr. Der Verbraucher muss vor Vertragsschluss eigens (also in einem vom Kaufvertrag getrennten Dokument) von der Verkürzung der Verjährungsfrist eigens in Kenntnis gesetzt werden. Die Verkürzung der Verjährungsfrist muss im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart werden.

Verlängerte Beweislastumkehr

Die Beweislastumkehr beim Verbrauchsgüterkauf wird von bisher 6 Monaten auf ein volles Jahr verlängert. Eine Sonderregelung für die Beweislastumkehr bei Waren mit digitalen Elementen bei dauerhafter Bereitstellung der digitalen Elemente regelt für Probleme, die sich aus den digitalen Elementen ergeben, dass die Beweislastumkehr auf einen Zeitraum von zwei Jahren erstreckt wird.

Mithin ergeben sich aus dem neuen Kaufrecht eine Fülle von neuen Ansätzen für Verbraucher, die einen Gebraucht- oder Neuwagen kaufen. Häufig werden den professionellen Autoverkäufern die ab 01.01.2022 geltenden Neuerungen noch gar nicht hinreichend bekannt sein, sodass hier erhebliche Chancen für Verbraucher bestehen. Von diesen sollte dann auch entsprechend Gebrauch gemacht werden.

Ihr Ansprechpartner im Autokaufrecht:

Ralf Wöstmann

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht 

Kontakt

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