Zwei Aufgabenträger hatten das von uns vertretene private Verkehrsunternehmen für das Jahr 2015 mit der Erbringung von Busverkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) beauftragt. Der Auftrag wurde als Notmaßnahme gemäß Art. 5 Abs. 5 der VO (EG) 1370/07 an das Verkehrsunternehmen vergeben. Als Vergütung erhielt das Verkehrsunternehmen die Fahrgeldeinnahmen und einen Zuschuss i. H. v. ca. 1,4 Mio. EUR p. a. Auf den Angriff eines konkurrierenden Unternehmens hin wurde der Vertrag im Dezember 2015 von einem Vergabesenat für unwirksam erklärt.
Klageerhebung durch die Aufgabenträger
Die Aufgabenträger stellten sich anschließend auf den Standpunkt, das private Verkehrsunternehmen müsse den gesamten gezahlten Zuschuss zurückzahlen, obwohl die Verkehrsleistungen tatsächlich erbracht worden sind. Sie erhoben Klage vor dem Landgericht Wuppertal.
Rechtliche Ausgangssituation
Weil der Vertrag unwirksam war und damit der Rechtsgrund für die geleisteten Zahlungen i. H. v. ca. 1,4 Mio. EUR nachträglich entfiel, bestand der Rückzahlungsanspruch der Aufgabenträger zunächst nach den Grundsätzen des in den §§ 812 ff. BGB geregelten Bereicherungsrechts. Da das Verkehrsunternehmen die Verkehrsleistungen jedoch erbracht hatte, war dem Anspruch der Aufgabenträger ein Wertersatzanspruch gemäß § 818 Abs. 2 BGB entgegenzusetzen. Die beiden Ansprüche – Rückzahlungsanspruch der Aufgabenträger einer- und Wertersatzanspruch des Verkehrsunternehmens andererseits – waren miteinander zu saldieren.
Bestimmung der Höhe des Wertersatzanspruchs
Die Aufgabenträger vertraten die Auffassung, der Wert der erbrachten Verkehrsleistungen ginge nicht über die erzielten Fahrgeldeinnahmen hinaus, weshalb der gesamte Zuschuss i. H. v. ca. 1,4 Mio. EUR zurückzuzahlen sei. Dem widersprach das Verkehrsunternehmen.
Zur Klärung der Höhe des Wertersatzanspruchs des Verkehrsunternehmens wurde vom Landgericht Wuppertal ein Sachverständiger bestellt, der den Auftrag erhielt, den Marktwert der gegenständlichen Verkehrsleistungen zu ermitteln. Der Marktwert der Verkehrsleistungen entspreche der Höhe des Wertersatzanspruchs. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die erbrachten Verkehrsleistungen mindestens einen Marktwert von 1,4 Mio. EUR zzgl. der Fahrgeldeinnahmen hatten.
Ausgang des Verfahrens
Weil der Wertersatzanspruch des Verkehrsunternehmens mindestens genauso hoch war wie der Rückzahlungsanspruch der Aufgabenträger wurde die Klage vom Landgericht Wuppertal abgewiesen. Die hiergegen von den Aufgabenträgern eingelegte Berufung wurde vom OLG Düsseldorf mit Urteil vom 3.7.2024 zurückgewiesen.
Einordnung
Erweisen sich Verkehrsverträge als unwirksam, wurden Verkehrsleistungen aber bereits erbracht, stellt sich regelmäßig Frage, ob das Verkehrsunternehmen die erhaltene Vergütung zurückzahlen muss. Wie das Urteil des OLG Düsseldorf zeigt, kann der Auftraggeber zwar zunächst die von ihm gezahlte Vergütung zurückfordern. Das Verkehrsunternehmen kann dem aber einen eigenen Anspruch auf Wertersatz für die erbrachten Verkehrsleistungen entgegenhalten, der mit dem Rückzahlungsanspruch des Auftraggebers zu saldieren ist.
Die Höhe des Wertersatzanspruches bemisst sich nach dem Marktwert der vom Verkehrsunternehmen erbrachten Leistungen. Die Bestimmung dieses Marktwertes kann sich durchaus komplex gestalten. Ergibt die Marktwertbestimmung, dass der Marktwert der Verkehrsleistungen höher war als die vertraglich vereinbarte Vergütung, kann sogar ein Nachzahlungsanspruch des Verkehrsunternehmens gegen den Auftraggeber bestehen.
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