Rechtsschutzmöglichkeiten eines Konkurrenten im Genehmigungswettbewerb um ÖPNV-Genehmigung

Mit (noch nicht rechtskräftigem) Urteil vom 23.4.2019 hat das Verwaltungsgericht Arnsberg (Az. 7 K 9629/17) sich zu zwei Themen positioniert, die für den Umfang des Rechtsschutzes gegen die einem Konkurrenten erteilten Linienverkehrsgenehmigung von erheblicher Bedeutung sind.

Das Urteil befasst sich im Kern mit den Auswirkungen der Gewerbefreiheit auf das verwaltungsrechtliche Konkurrentenstreitverfahren und stärkt die Position des unterlegenen Antragstellers.

Zulässigkeit der Anfechtungsklage, wenn nicht gleichzeitig Genehmigungsanspruch?

Hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage hatte sich das VG Arnsberg mit der in der Rechtsprechung bislang nur vereinzelt behandelten Frage zu befassen, ob ein Mitbewerber befugt ist, gegen die rechtswidrige Genehmigung seines Konkurrenten zu klagen, obwohl er selbst keinen Genehmigungsanspruch hat. Einer Auffassung zufolge ist in dieser Konstellation die Klage unzulässig, weil der Kläger dann nicht in eigenen Rechten verletzt sein könne.

Dies würde jedoch dazu führen, dass auch eklatant rechtswidrige Genehmigungsentscheidungen zugunsten eines Konkurrenten von dessen Mitbewerbern für die Dauer der gesamten Genehmigungsperiode hinzunehmen wären – eine unzumutbare Rechtsschutzlücke und eine Gefahr für die ausreichende Verkehrsbedienung.

Hinzu kommt, dass im Falle, dass eine eigenwirtschaftliche Genehmigung erteilt wird (wie vorliegend), die "zweite Stufe" des Wettbewerbs im ÖPNV-Recht, nämlich die vergaberechtliche Ausschreibung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags, nicht mehr initiiert wird. Um das Recht auf Teilnahme an diesem Wettbewerb werden alle übrigen Konkurrenten gebracht, wenn einem Mitbewerber rechtswidrig eine eigenwirtschaftliche Genehmigung erteilt worden ist.

Ansicht des VG Arnsberg: Anfechtungsklage zulässig

Das VG Arnsberg hielt die Anfechtungsklage für zulässig, während es der Klägerin keinen eigenen Genehmigungsanspruch zusprach. Die Rechtsverletzung, so das VG Arnsberg auf S. 24 des Urteils, scheide nicht aus, weil die Klägerin selbst keinen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung habe. Die Rechtsverletzung der Klägerin folge daraus, dass sie die Chance verliere, sich entweder an einem Verfahren auf Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags zu beteiligen oder in einem gegebenenfalls durchgeführten weiteren Verfahren erneut einen Antrag auf Erteilung der Genehmigung zu stellen.

Drittschutzwirkung subjektiver Genehmigungsvoraussetzungen?

Weiter ging es im Verfahren um die Frage nach der Drittschutzwirkung der subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen. Denn ein Mitbewerber kann die Genehmigung, die sein Konkurrent erhalten hat, nur dann mit Erfolg angreifen, wenn er sich auf die Verletzung von Rechtsnormen berufen kann, die auch seinem rechtlichen Interesse zu dienen bestimmt sind (sogenannte "drittschützende Norm").

Konkret hatte die Klägerin eine Rechtsverletzung geltend gemacht, dadurch, dass die Konkurrentin nicht die erforderlichen Unterlagen fristgerecht mit Antragstellung eingereicht hatte, aus denen sich die subjektive Genehmigungsfähigkeit ihres Antrags ergab. Weiter hatte die Klägerin auch bezweifelt, dass die Konkurrentin überhaupt die subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen erfülle, insbesondere hinsichtlich des Erfordernisses, ausreichendes Eigenkapital vorzuhalten.

Ansicht des VG Arnsberg: Eingeschränkter Drittschutz

Der Genehmigungsbescheid verletze die Klägerin nicht bereits deshalb in ihren Rechten, weil die Konkurrentin ihrem Antrag keine Unterlagen nach § 12 Abs. 2 PBefG beigefügt hatte. Nach dieser Vorschrift seien dem Antrag Unterlagen beizufügen, die ein Urteil über die Zuverlässigkeit des Antragstellers und die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebs ermöglichen. Dies sei vorliegend nicht erfolgt. Die Klägerin werde jedoch wegen des Verstoßes gegen § 12 Abs. 2 PBefG nicht in einem subjektiv-öffentlichen Recht betroffen. Denn § 12 Abs. 2 PBefG komme nur eine Ordnungsfunktion zu, so das Urteil auf S. 20, unter Verweis auf

OVG NRW, Beschl. v. 28.7.2003 - 13 B 29/03 - , juris.

Das VG Arnsberg führte aber weiter aus:

Die Klägerin könne jedoch rügen, dass tatsächlich die subjektiven Voraussetzungen in Bezug auf die Konkurrentin nicht vorliegen. Ein konkurrierender Bewerber könne sich auf Verfehlung der Anforderungen an Sicherheit und Ordnung durch einen Genehmigungsinhaber jedenfalls insoweit berufen, als sein Grundrecht nur rechtmäßiger Konkurrenz weichen müsse.

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Dr. jur. Sebastian Roling LL. M. (Public Law)
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Dr. jur. Anna-Katharina Kraemer
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