„Schaue, mit wem Du Dich traust“ – Kind enterben, das die falsche heiratet?

Nicht immer sind Eltern mit der Partnerwahl ihrer Kinder glücklich. Manchmal sind sie damit sogar so unglücklich, dass der Abkömmling nach dem Tode der Eltern leer ausgehen soll. Einen solchen Fall ultimativen posthumen Schwiegerkind-Missfallens hatte jüngst das Oberlandesgericht München (Beschluss v. 23.09.2024 – 33 Wx 325/23 e) zu entscheiden.

Natürlich kannst Du die heiraten – wirst halt nur enterbt!

Der Erblasser errichtete ein privatschriftliches Testament. In diesem verfügte er, dass seine beiden Söhne A und B ihn zu je ½ beerben sollen. Soweit, so gewöhnlich. Auf der letzten Seite seines Testamentes verfügte der Erblasser jedoch: „Sollte mein Sohn A seine Lebensgefährtin C heiraten, wird er enterbt.“ Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, lässt der Vater dies den Sohn A auch noch zu Lebzeiten wissen.

Sohn A heiratet die C im Jahr 2018 trotzdem. Der Vater verstirbt erst danach, im Jahr 2022.

Eheschließungsfreiheit oder Testierfreiheit – was trumpft?

In der Folge sieht sich der Sohn B mangels notarieller Form des Testamentes seines Vaters gezwungen, einen Erbschein beim zuständigen Nachlassgericht zu beantragen. Es sei doch klar, dass durch die Heirat seines Bruders die Bedingung im Testament seines Vaters eingetreten und er Alleinerbe geworden sei.

Der A wehrt sich gerichtlich – er ist der Meinung, die Bedingung sei sittenwidrig und daher null und nichtig. Es könne nicht sein, dass sein Vater derart Einfluss auf die Wahl seiner Ehefrau nehme. Die Ehe sei immerhin gemäß Art. 6 GG geschützt.

Bedingung ist nicht sittenwidrig, Enterbung die Folge

Im Ergebnis stimmt das Oberlandesgericht dem B zu und macht diesen zum Alleinerben. Es sei zwar im Einzelnen umstritten, wann die rote Linie hinsichtlich eines unzulässigen Eingriffs in die höchstpersönliche Lebensführung überschritten sei; so habe das Bundesverfassungsgericht Klauseln für unzulässig gehalten, wonach der Erbe seine Stellung verlieren solle, wenn es ihnen nicht gelänge, eine im Sinne des Familienvermögens „ebenbürtige Ehe“ zu schließen. Andere Gerichte hätten die Grenze in einer Vielzahl von Einzelentscheidungen jedoch auch anders gezogen. Der Schutz der Ehe gemäß Art. 6 GG sei nicht absolut, sondern hier vielmehr abzuwägen gegen den Schutz der Testierfreiheit gemäß Art. 14 GG.

Enterbung hätte jederzeit auch ohne Angabe von Gründen erfolgen können

Im vorliegenden Fall entscheidend sei, dass die Bedingung sich bereits zu Lebzeiten des Erblassers verwirklicht habe. Dann aber habe es dem Vater jederzeit und auch ohne Angabe von Gründen freigestanden, den A schlicht zu enterben, also auf die (aufgrund Eintritts ohnehin überflüssige) Bedingung der Eheschließung mit der C zu verzichten.

Enterbter ist über das Pflichtteilsrecht ausreichend geschützt

Darüber hinaus bekomme A immer noch den Pflichtteil, gehe also nicht leer aus, sondern erhalte die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils. Schon dies schließe die Ausübung eines unzumutbaren wirtschaftlichen Drucks auf die Frage der Eheschließung aus.

Enterbter wusste Bescheid

Zudem habe A eine informierte Entscheidung getroffen, denn er habe seine Lebensgefährtin C in Kenntnis dessen geheiratet, dass sein Vater ihn im Gegenzug enterben werde.

Nur eine „verbotene Frucht“

Zu berücksichtigen sei schließlich auch, dass dem Sohn nicht, wie im Fall des Bundesverfassungsgerichts, aufgrund hoher Hürden nahezu jede denkbare Ehe untersagt worden sei, sondern der Vater lediglich den Einfluss einer einzigen bestimmten Person auf den von ihm aufgebauten Betrieb verhindern und auf diese Weise sein Lebenswerk sichern wollte. Dass er sich dafür auch des Erbrechts bedient hat, hält das Oberlandesgericht für „menschlich zweifelhaft“, jedoch „rechtlich hinzunehmen“.

Familienzwist nicht erst aus der Gruft regeln!

Es bleibt festzuhalten, dass dieser Rechtsstreit in jede Richtung hätte ausgehen können. Gerade Fragen der Sittenwidrigkeit stehen oft auf Messers Schneide, da sie stark von subjektiv-moralischen Ansichten abhängig sind. Die Sicherung des Familienbetriebs gegen die Einflussnahme problematischer Schwiegerkinder lässt sich wesentlich besser regeln. Allein die jahrelange Rechtsunsicherheit dürfte im vorliegenden Fall erhebliche Schwierigkeiten im Geschäftsbetrieb, etwa mit Kreditgebern, hervorgerufen haben – von der familiären Tragödie ganz abgesehen.

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