Unterhalt für die Eltern - die selbstgenutzte Immobilie als "Schonvermögen"

Nicht nur Eltern sind für ihre Kinder gemäß § 1601 BGB unterhaltspflichtig, sondern umgekehrt auch Kinder für ihre Eltern. Mit steigender Lebenserwartung häufen sich auch die Fälle unterhaltsbedürftiger älterer Menschen, die nach dem Gesetz durch ihre Kinder gestützt werden müssen. Die Problematik verschärft sich angesichts steigender Pflegekosten und im Rahmen des demographischen Wandels sinkender Geburtenzahlen stetig.

Der Sozialhilfeträger kann im Falle der nicht ausreichenden Leistungsfähigkeit der Eltern Regress an deren leiblichen Abkömmlingen nehmen. Immer wieder stellen sich dabei Fragen dazu, in welchem Umfang das Vermögen der Kinder vor einem staatlichen Zugriff geschützt ist.

Welches Vermögen ist als Schonvermögen vor staatlichem Zugriff geschützt?

Im Rahmen des Elternunterhaltes ist von der Grundregel auszugehen, dass unterhaltspflichtige Kinder zur Befriedigung von Unterhaltsansprüchen der Eltern prinzipiell auch den Stamm ihres Vermögens einsetzen müssen. Abweichend von dieser Grundregel hat die Rechtsprechung jedoch im Rahmen des Elternunterhaltes Einsatzgrenzen für die Verwertungsobliegenheit herausgearbeitet. Hierbei sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs drei Punkte zu differenzieren:

1. Die selbst genutzte Immobilie des Unterhaltspflichtigen,
2. sein Altersvorsorgevermögen (sonstiges Vermögen) und
3. der sog. „Notgroschen“

Diese drei Positionen stellen das sogenannte "Schonvermögen" dar, welches vor staatlichem Zugriff geschützt ist. Die selbstgenutzte Immobilie darf grundsätzlich lediglich eine "angemessene Größe" haben, um der Schonung zu unterfallen. Da viele Menschen jedoch klassischer Weise Altersvorsorge auch über den Erwerb einer selbstbewohnten Immobilie betreiben, ergeben sich Überschneidungen, die nicht leicht aufzulösen sind.

Wann ist die selbstgenutzte Immobilie angemessen, wann ist sie zu groß?

Der Wert einer selbstgenutzten Immobilie bleibt bei der Bemessung des Altersvorsorgevermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich unberücksichtigt, soweit es sich um " angemessenes Wohneigentum" handelt. Selbstgenutztes Immobilieneigentum bleibt zwar im Rahmen der Vermögensbewertung nicht insgesamt unberücksichtigt. Der Unterhaltspflichtige braucht bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt auch keine spürbare und dauerhafte Senkung seines berufs- und einkommenstypischen Unterhaltsniveaus hinzunehmen.

Obwohl die Grenzziehung hinsichtlich eines in diesem Sinne „angemessenen“ Wohneigentums entscheidend von seiner Wohnfläche abhängt, sind hierzu nur wenig konkrete Äußerungen in der Rechtsprechung ausfindig zu machen. Ein unlängst ergangener Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH XII ZB 364/18 = NJW 2019, 1074) hat z. B. eine Wohnfläche von 91 m2, die zwei Personen – einem Ehepaar – zur Verfügung stand, im unterhaltsrechtlichen Sinne als Schonvermögen angesehen. Klar äußert sich zur Angemessenheit eines Hausgrundstückes i. S. d. sozialrechtlichen Verwertungsgrenzen vor allem das Oberlandesgericht Celle: Sozialhilferechtliches Schonvermögen lag bei einem Familienheim, das zur Unterbringung von vier Personen bestimmt war, demnach bei ca. 130 m2. Bei einer geringeren Personenzahl war eine Reduzierung um jeweils 20 m2 pro Person vorzunehmen.

Korrektur über die sonstige Altersvorsorge?

Die Rechtsprechung deutet also darauf hin, dass gegebenenfalls lediglich eine Wohnfläche von ca. 70 m2 für eine Einzelperson noch als Schonvermögen im sozialrechtlichen Sinne angesehen werden könnte. Allerdings dürften die Vermögensverhältnisse des Kindes in ihrer Gesamtheit in den Blick zu nehmen sein. Insoweit ist insbesondere das Altersvorsorgevermögen von Interesse, das dem Unterhaltspflichtigen zur Absicherung seiner eigenen Altersvorsorge verbleiben darf. Als angemessen wird hier eine Vermögensreserve von 75.000 – 100.000 € angesehen.

Letztlich lassen sich der vorhandenen Rechtsprechung keine starren Grenzen entnehmen. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalles an. Es erscheint aber naheliegend, dass eine zunächst als deutlich zu großzügig bemessen erscheinende Wohnfläche im Rahmen einer Gesamtbetrachtung durch etwaig ansonsten sehr bescheidenen Vermögensreserven ausgeglichen werden könnte. Liegen jenseits der Immobilie nur sehr geringe, obige Grenzen weit unterschreitende Geldreserven vor, mag dies die Annahme von Schonvermögen auch bei größeren Immobilien rechtfertigen. Durch Rechtsprechung abgesichert ist diese Annahme allerdings bislang nicht.

Bei immobilienrechtlichen Fragestellungen wenden Sie sich gerne an Notar Dr. Sebastian Roling.

Dr. jur. Sebastian Roling, LL.M. (Public Law)

Rechtsanwalt und Notar
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Fachanwalt für Vergaberecht

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