Alkohol am Steuer- Führerschein sofort weg? Verteidigungsmöglichkeiten bei Trunkenheitsfahrten

Vielfach besteht in der Bevölkerung nach den Erfahrungen des Autors der Irrglaube, dass bei einer Trunkenheitsfahrt im Straßenverkehr der Führerschein automatisch für ein Jahr abzugeben ist. Dies lässt sich in dieser Einfachheit so nicht sagen. Hier ist vielmehr zu differenzieren. 

Selbst wenn bei einem Verkehrsunfall Alkohol im Spiel ist, muss der trinkfreudige Fahrer nicht automatisch sofort seinen Führerschein los sein. Ist der Grenzwert für die absolute Fahruntauglichkeit von 1,1 Promille nicht überschritten, kann dem Fahrer nicht ohne weiteres die Fahrerlaubnis entzogen werden. Dies zeigt beispielhaft die Entscheidung des Amtsgerichtes Dessau- Roßlau vom 24.09.2014. 

Der Fall lag so: Der Autofahrer fuhr mit seinem Audi auf einer innerstädtischen Straße und missachtete dabei die Vorfahrt eines anderen Autofahrers. Es kam deshalb zum Verkehrsunfall, bei dem ein Schaden an dem anderen Fahrzeug in Höhe von ca. 4.000,00 EUR entstand. Eine polizeilich angeordnete Blutprobe ergab bei dem Audi- Fahrer eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,65 Promille.

Vorfahrt missachtet: Kein alkoholtypischer Fahrfehler

Ab 0,3 Promille BAK beginnt der Bereich der sogenannten relativen Fahruntauglichkeit, d.h. es müssen neben dem BAK- Wert von mindestens 0,3 Promille noch alkoholtypische Ausfallerscheinungen hinzukommen. Die Staatsanwaltschaft wollte ihm daraufhin die Fahrerlaubnis entziehen. Das zuständige Amtsgericht lehnte dies ab, weil kein dringender Tatverdacht einer alkoholbedingten Straßenverkehrsgefährdung nach § 315c StGB bestehe. Der Audi-Fahrer habe nach Auffassung des Gerichtes lediglich die Vorfahrt missachtet. 

Es sei nicht erwiesen, dass dies auf den Alkoholgenuss zurückzuführen sei. Es lag also kein alkoholtypischer Fahrfehler vor. Der Grenzwert von 1,1 Promille für die sogenannte absolute Fahruntauglichkeit habe der Audi-Fahrer nicht überschritten. Darüber hinaus lagen keine weiteren Anhaltspunkte dafür vor, dass beim Fahrer durch den Alkohol extreme Ausfallerscheinungen vorlagen, die einen Entzug der Fahrerlaubnis rechtfertigen würden, wie z.B. Sprachstörungen oder fehlende Ansprechbarkeit. Solche alkoholtypischen Ausfallerscheinungen ergaben sich weder aus den polizeilichen noch aus den ärztlichen Feststellungen. 

Bei Strafverfahren Fachanwalt hinzuziehen

Es lohnt sich also, einmal genauer hinzuschauen und die Verteidigungsmöglichkeiten im Strafverfahren auszuloten. Eventuell gelingt es wenigstens, das Gericht davon zu überzeugen, dass der Angeklagte nach vorheriger Beschulung durch einen Verkehrspsychologen wieder geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Dies würde zum Absehen von einer Sperrfrist, jedenfalls zu einer Verkürzung führen. Von daher sollte bereits bei Erhalt der Beschuldigtenanhörung, spätestens nach Zustellung des Beschlusses über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ein Fachanwalt für Verkehrsrecht mit der Verteidigung beauftragt werden, um nach durchgeführter Akteneinsicht die Verteidigungsmöglichkeiten optimal auszuschöpfen. Die Kosten des Rechtsanwalts und sämtlicher Verfahrenskosten übernimmt eine Verkehrsrechtsschutzversicherung.

Ralf Wöstmann

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht 

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