Auslandsreise eines minderjährigen Kindes - Zustimmung des anderen Elternteils erforderlich?

Wenn im Sommer die Ferienzeit ansteht, kommt es bei getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten immer wieder zu Unstimmigkeiten, wenn ein Elternteil mit den gemeinsamen Kindern in den Ferien eine Auslandsreise plant. Begründet ist dies oftmals in der Befürchtung des betreuenden Elternteiles, der nicht betreuende Elternteil könne diese Reise zum Anlass nehmen, ihm die Kinder zu entziehen. 

Oftmals liegt dieser Unstimmigkeit aber auch einfach nur das mangelnde Verständnis und die Auffassung zugrunde, dass der andere Elternteil die Zustimmung des betreuenden Elternteils hierfür jedoch benötigt. Diese Streitigkeiten zwischen Eltern an der Schnittstelle zwischen Sorgerecht und Umgangsrecht hat in der Vergangenheit wiederholt die Familiengerichte beschäftigt. 

Eine Einflussnahme des betreuenden Elternteils im Sinne eines Zustimmungserfordernisses für die geplante Auslandsreise des anderen Elternteils mit den gemeinsamen Kindern kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn eine solche Entscheidung als Angelegenheit von erheblicher Bedeutung im Sinne der Sorgerechtsregelungen des § 1628 BGB anzusehen ist. 

KG Berlin: Zustimmung für Auslandsreise, wenn Kindeswohl gefährdet ist

Das KG Berlin hatte sich in einer aktuellen Entscheidung vom 01.08.2016 – 13 UF 106/16 mit einer geplanten Auslandsreise des nicht betreuenden Elternteiles mit den gemeinsamen minderjährigen Kindern in das Vereinigte Königreich zu befassen. Das Gericht hat es hier bei dem allgemeinen Grundsatz belassen, dass es Sache des jeweiligen Umgangsberechtigten ist, den Ort des Umgangs zu bestimmen. Während der Zeit des Umgangs entscheidet grundsätzlich er allein über den Aufenthalt der Kinder. 

Aus der Sicht der Richter ist bei einer solchen Auslandsreise das Sorgerecht des betreuenden Elternteils erst dann betroffen und somit seine Zustimmung für eine Auslandsreise erst erforderlich, wenn das Kindeswohl gefährdet sein sollte und damit die Eingriffsschwelle des § 1666 Abs. 1 BGB erreicht wäre. Hierzu hat das Gericht dann – unter Berücksichtigung der bislang zu vergleichbaren Fallkonstellationen ergangenen obergerichtlichen Entscheidungen – herausgestellt, dass diese Eingriffsschwelle noch nicht erreicht ist, wenn die vom nicht betreuenden Elternteil in den Ferien beabsichtigte Auslandsreise die gemeinsamen minderjährigen Kinder – wie hier – in einen europäischen Staat mit stabilen politischen Verhältnissen führt. 

Nicht betreuender Elternteil darf in der Regel Reiseantritt alleine entscheiden

Die Eingriffsschwelle zur Kindeswohlgefährdung sieht das Gericht vielmehr erst als dann überschritten, wenn die konkrete Gefahr einer Entführung des Kindes oder seiner Zurückhaltung im außereuropäischen Ausland besteht, die beabsichtigte Reise in politische Krisengebiete führt oder wenn für die zu besuchende Region im Ausland Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes vorliegen und die weite Reise das Kind schließlich in einen nicht vertrauten, fremden Kulturkreis führt. Erst dann bedarf der nichtbetreuende Elternteil für die beabsichtigte Reise der Zustimmung des betreuenden Elternteils, sodass dieser durch dessen Versagung die Reise grundsätzlich verhindern könnte. Im vorliegenden Falle hat das Kammergericht die beabsichtigte Reise nach England jedoch der Ausgestaltung des Umgangsrechtes zugeordnet, sodass es der Zustimmung nicht bedurfte und der nicht betreuende Elternteil den Reiseantritt alleine entscheiden durfte. 

Ihr Ansprechpartner in familienrechtlichen Angelegenheiten

Dr. jur. Michael Carstens

Rechtsanwalt und Notar
Fachanwalt für Familienrecht
Fachanwalt für Medizinrecht 

Kontakt

Kanzlei Roling & Partner
Schloßstr. 20a
49074 Osnabrück

Telefon: 0541 / 6 00 63 - 0
Telefax: 0541 / 6 00 63 - 22
E-Mail: info(at)roling-partner.de

Unsere Öffnungszeiten:

Mo-Do08:00 - 13:00 Uhr
14:00 - 18:00 Uhr
Fr 08:00 - 13:00 Uhr
14:00 - 17:00 Uhr

mehr

click
to
open