Die Einhaltung der berufsspezifischen Sorgfalt beschränkt sich nicht nur auf medizinisch gebotene Untersuchungen

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr klargestellt, dass einen Arzt auch die Ergebnisse solcher Untersuchungen zur Einhaltung der berufsspezifischen Sorgfalt verpflichten, die medizinisch nicht geboten waren, aber trotzdem – beispielsweise aus besonderer Vorsicht – veranlasst wurden, da das Wohl des Patienten oberstes Gebot und Richtschnur eines jeden ärztlichen Handelns sei. Auf diese Weise gewonnene Erkenntnisse dürften vom Arzt nicht einfach deshalb ignoriert werden, weil keine Verpflichtung zur Durchführung der entsprechenden Untersuchung bestand.

BGH: Arzt darf vor Zufallsbefunden nicht die Augen verschließen

Aufgrund dieser gegenüber dem Patienten obliegenden Fürsorgepflicht habe der für die Auswertung eines Befundes im konkreten Fall medizinisch verantwortliche Arzt all die Auffälligkeiten zur Kenntnis und zum Anlass für die gebotenen Maßnahmen zu nehmen, die er aus berufsfachlicher Sicht seines Fachbereiches unter Berücksichtigung der in seinen Fachbereich vorausgesetzten Kenntnisse und Fähigkeiten sowie der Behandlungssituation feststellen müsse. Vor in diesem Sinne für ihn erkennbaren ‚Zufallsbefunden‘ dürfe er nicht einfach die Augen verschließen (BGH vom 21.12.2010 – XI ZR 284/09).

Patient verstarb mangels gründlicher Auswertung der Röntgenaufnahmen

In dem zugrunde liegenden Fall hatte der im Krankenhaus angestellte Anästhesist zur Vorbereitung einer Meniskusoperation die Anfertigung einer Röntgenaufnahme durch eine im Krankenhaus betriebene radiologische Praxis veranlasst, um so die Narkosefähigkeit der Patientin zu überprüfen. Bei der Auswertung der Röntgenaufnahme übersah der Anästhesist dann jedoch eine ohne weiteres erkennbare Verdichtung (Rundherd) der Lunge. Erst rund 1 Jahr später wurde bei der Patientin dann ein Adenokarzinom im Bereich des rechten Lun-genflügels festgestellt, infolgedessen die Patientin dann weitere zweieinhalb Jahre später verstarb.

Mit der vorliegenden Entscheidung stellt der Bundesgerichtshof nun klar, dass sich die berufsspezifischen Sorgfaltspflichten eines Arztes uneingeschränkt auch auf medizinisch nicht gebotene Untersuchungen erstrecken.

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