Arbeitsrecht: Impfpflicht, Maßregelungsverbot und Kündigung des Arbeitsverhältnisses

Die Folgen der Corona-Pandemie haben seit dem ersten Quartal 2020 mit wechselnder Intensität weite Teil des gesellschaftlichen Lebens und damit auch des Arbeitsalltages beeinflusst und bestimmt. Die teilweise höchst konträren Auffassungen zur Gefährlichkeit der Erkrankung und Chancen und Risiken einer Impfung, bzw. auch der für bestimmte Berufe angeordneten Impfpflicht haben auch zu einer Vielzahl arbeitsrechtlicher Rechtsstreite und Entscheidungen geführt.

BArbG: Urteil vom 30.03.2023, Aktenzeichen 2 AZR 309/22

Mit vorbezeichneter Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht eine der bisher letzten höchstrichterlichen Entscheidungen in diesem Problemfeld verkündet, die Entscheidung liegt zum jetzigen Zeitpunkt lediglich als Pressemitteilung, also nicht als vollständiges Urteil, vor.

Gegenstand des Rechtsstreites war die Frage, ob die Beklagte des Verfahrens, die ein Krankenhaus betreibt, einer im Krankenhaus beschäftigten medizinischen Fachangestellten gegenüber vor Ablauf der kündigungsrechtlichen Wartezeit kündigten durfte, oder mit dieser Kündigung gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstieß. Besonderheit insoweit war, dass erst rund neun Monate nach Aussprache der Kündigung, ab März 2022, im Beschäftigungsbereich für Mitarbeiter im Krankenhaus eine Impfung verpflichtend gesetzlich angeordnet worden ist, zum anderen aber eben auch noch kein Kündigungsschutz nach § 1 KSchG mangels erfüllter Wartezeit bestand. Die Klägerin machte geltend, berechtigte Impfangebote der Arbeitgeberin abgelehnt zu haben, die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis vor Ablauf von sechs Monaten ordentlich und fristgerecht. Die Klägerin machte geltend, die Kündigung verstoße gegen das Maßregelungsverbot.

Kein Maßregelungsverbot mangels Kausalität zwischen Rechtsausübung und benachteiligender Maßnahme

Das Bundesarbeitsgericht hat mit dem Berufungsgericht angenommen, wesentliches Motiv der Kündigung sei nicht die Weigerung der Klägerin, sich impfen zu lassen, sondern der beabsichtigte Schutz der Patienten und Belegschaft im Krankenhaus vor einer Infektion durch nicht geimpftes medizinisches Fachpersonal. Entsprechend sei laut Bundesarbeitsgericht bedeutungslos, dass die Kündigung vor Inkrafttreten einer gesetzlichen Impfpflicht erklärt worden sei.

Sicherlich spielt eine entscheidende Rolle für die Entscheidung, dass mangels erfüllter Wartezeit die Klägerin keinen Kündigungsschutz genoss und sich damit letztendlich auch nur mit einer Berufung auf eine Treuwidrigkeit der Kündigung oder eben einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot zum Erfolg mit der Klage hätte verhelfen können. Auch die Instanzgerichte sind im Regelfall sehr zurückhaltend mit der Annahme eines maßregelnden oder in sonstiger Weise treuwidrigen Verhaltens des Arbeitgebers, vor allem bedarf es regelmäßig einer Kausalität zwischen Rechtsausübung und der Kündigung. Ob in anderer Konstellation eine Differenzierung zwischen freier Impfentscheidung und einer daraus möglicherweise abzuleitenden Gefährdung von Mitarbeitern und Patienten im Krankenhaus bei bestehendem Kündigungsschutz in gleicher Weise vorgenommen worden wäre, mag interessant sein, ist allerdings müßig.

Rechtsanwalt Christoph Schürmann

Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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