Auch der "Goodwill" einer freiberuflichen Praxis ist als Vermögenswert in den Zugewinnausgleich einzubeziehen

Immer wieder hat es in der Vergangenheit mitunter nicht unerhebliche Probleme bereitet, eine Zugewinnausgleichsforderung eines Ehegatten zu berechnen, wenn es dabei um die Bewertung einer zum Endvermögen eines Ehegatten gehörenden freiberuflichen Praxis ging. Denn Probleme bereitete hier immer wieder die Frage, wie  mit dem über den Substanzwert der Praxis hinausgehenden immateriellen Wert in Form des „Goodwills“ zu verfahren ist.

In seiner Entscheidung vom 09.02.2011 – XII ZR 40/09 – hat der Bundesgerichtshof nun entschieden, dass auch der „Goodwill“ einer freiberuflichen Praxis als immaterieller Vermögenswert grundsätzlich in den Zugewinnausgleich einzubeziehen ist. Denn dem „Goodwill“ einer freiberuflichen Praxis komme ein eigener Marktwert zu. Seine bestehenden Nutzungsmöglichkeiten bestimmten über den Stichtag des Zugewinnausgleichs (Tag der Zustellung des Scheidungsantrages) hinaus den objektiven Wert einer Kanzlei oder Praxis. 

Ertrag wird auch durch den persönlichen Einsatz des Inhabers bestimmt

Allerdings macht der Bundesgerichtshof hier auch eine Einschränkung. Denn weil der Ertrag einer freiberuflichen Praxis nicht nur von dem vorhandenem „Goodwill“, sondern eben auch von dem persönlichen Einsatz des Inhabers und damit von den immateriellen Faktoren wie dessen Ruf und Ansehen bestimmt werde, müsse die am Ertrag anknüpfende Bewertung des auf einen Übernehmer übertragenen „Goodwills“ einen Unternehmerlohn absetzen, der sich an den individuellen Verhältnissen des Inhabers orientiert. Nur auf diese Weise könne der auf den derzeitigen Praxis(mit)inhaber bezogene Wert ausgeschieden werden, der auf dessen persönlichen Einsatz beruhe und nicht auf einen Übernehmer übertragbar sei.

Berücksichtigung eines „Goodwills“ verstößt nicht gegen das Doppelverwertungsverbot

In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof dann in Fortsetzung seiner bisherigen Rechtsprechung aus dem Jahre 2008 nochmals klargestellt, dass mit der Berücksichtigung auch eines „Goodwills“ einer freiberuflichen Praxis im Zugewinnausgleich nicht gegen das Doppelverwertungsverbot verstoßen wird. Ein solcher Verstoß wurde regelmäßig darin erblickt, dass der Freiberufler aus dem Wert seiner Praxis nicht nur den Zugewinnausgleich, sondern darüber hinaus auch den Ehegattenunterhalt finanzieren müsse. 

Der Bundesgerichtshof stellt hierzu jedoch klar, dass für die Berechnung des Ehegattenunterhaltes die Arbeitsleistung des Freiberuflers herangezogen werde. Da dieser bei der Ermittlung des „Goodwills“ im Zugewinnausgleich jedoch gerade vorweg in Abzug gebracht werde, liege gerade keine Doppelbewertung vor.

Diese Entscheidung hat der Bundesgerichtshof nun hinreichend klargestellt, wie bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung einer Ehe mit einer Freiberuflerpraxis zu verfahren ist.

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