Gesellschaftsrecht: MoMiG und verdeckte Sacheinlagen

Ein häufiger Streitpunkt im Gesellschaftsrecht ist die Frage, ob bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft die gesetzlichen Vorschrift zur Kapitalaufbringung, möglich durch Bareinlage oder Sacheinlage, eingehalten worden sind. Das GmbH-Gesetz schützt insoweit die Gläubiger der GmbH durch Regeln zur Aufbringung und auch zum Erhalt des Stammkapitals. Wird in Form einer Sacheinlage geleistet, müssen zum Schutz der Gläubiger besondere Formvorschriften eingehalten werden.

Gesetzliche Neuregelung zur verdeckten Sacheinlage gem. § 19 Abs. 4 GmbHG

Bei Umgehung dieser Formvorschriften, beispielsweise durch Beschluss zu einer Bareinlage, die aber bei wirtschaftlicher Betrachtung tatsächlich als Sachwert der Gesellschaft anzusehen ist, muss sich der Einleger nach der Rechtsprechung des BGH so behandeln lassen, als sei von vornherein tatsächlich eine Sacheinlage abgesprochen gewesen. Man spricht hier von verdeckter Sacheinlage. Der Gesellschafter, der eine derartige Sacheinlage erbracht hatte, musste nach der Rechtsprechung des BGH die von ihm geschuldete Bareinlage nochmals leisten, also zahlen.

Am 01. November 2008 ist das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechtes und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) in Kraft getreten, der Gesetzgeber hat dort die verdeckte Sacheinlage nunmehr anders geregelt. Nach § 19 Abs. 4 GmbHG in neuer Fassung sind die Rechtsgeschäfte, die der verdeckten Sacheinlage zugrunde liegen, nicht mehr unwirksam, der Wert der verdeckt eingebrachten und der Gesellschaft überlassenen Sache wird nunmehr auf die Bareinlageverpflichtung des Einlegers angerechnet. Nach § 3 Abs. 4 EGGmbHG soll diese Neuregelung auch für Altfälle gelten, in denen die verdeckte Sacheinlage schon vor dem 01. November 2008 vereinbart und eingebracht wurde.

Rückwirkende Anwendung der gesetzlichen Neuregelung laut BGH verfassungsgemäß

Mit Urteil vom 22. März 2010 des 2. Senats des BGH, das bisher lediglich als Pressemitteilung vorliegt, hat der BGH eine Entscheidung des OLG Celle, mit der die Klage eines Insolvenzverwalters auf Leistung einer Bareinlage abgewiesen worden ist, aufgehoben. Abgesehen von den Besonderheiten des Einzelfalles ist dabei die Feststellung des BGH von besonderem Interesse, dass die in § 3 Abs. 4 EGGmbHG angeordnete rückwirkende Anwendung des § 19 Abs. 4 GmbHG und damit die rückwirkende Anrechnung des Sachwertes auf die Bareinlageverpflichtung nicht verfassungswidrig ist. Denn, so der BGH, § 3 Abs. 4 EGGmbHG regele lediglich eine unechte Rückwirkung, bzw. tatbestandliche Rückanknüpfung. Die Kapitalaufbringung sei nicht abgeschlossen gewesen, weil die Einlageschuld durch die lediglich erbrachte Sacheinlage nicht getilgt war.

Im konkreten Fall hat der BGH zurückverwiesen, weil noch Feststellungen zum Werte der Sacheinlage sowie zu weiteren Fragen zu treffen waren, für die Rechtspraxis zumindest geklärt dürfte damit sein, dass auch für Altfälle, bei denen es um die korrekte Erbringung der Einlage vor Jahren oder Jahrzehnten ging, der Einleger/Gesellschafter sich zumindest auf die Anrechnung des Wertes der Sacheinlage gegenüber einer fortbestehenden Verpflichtung zur Erbringung einer Baranlage berufen kann. Je nach tatsächlichem Wert der Sacheinlage kann damit das wirtschaftliche Risiko des Einlegers, nochmals wegen "unrichtiger  Kapitalaufbringung" herangezogen zu werden, gegen Null gehen.

Die Neigung mancher Insolvenzverwalter, Prozesse wegen angeblicher oder tatsächlich fehlerhafter Kapitalaufbringung gegen Gesellschafter nach Insolvenz einer GmbH zu führen, dürfte sich dadurch spürbar verringern.

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