Keine Nutzungsausfallentschädigung bei Vorhandensein eines Zweitwagens

Grundsätzlich hat ein Geschädigter nach einem Verkehrsunfall einen Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten oder Nutzungsausfallentschädigung, wenn sein Fahrzeug unfallbedingt ausfällt, z.B. weil es nach dem Verkehrsunfall nicht mehr verkehrssicher ist oder es sich wegen der Reparatur in einer Werkstatt befindet. Manche Geschädigte verzichten auf einen Mietwagen und machen dann die sog. Nutzungsausfallentschädigung geltend. Hierbei handelt es sich um eine pauschale Entschädigung nach Tabellen, so wird z.B. für einen VW Golf, neuerer Bauart, üblicherweise Nutzungsausfallentschädigung von 43,00 EUR pro Tag zugebilligt. Dieser Anspruch besteht aber nach einer jüngeren Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 11.10.2022 – VI ZR 35/22 – nur dann, wenn kein zumutbarer Ersatzwagen vorhanden ist.

Kein ersatzfähiger Schaden

Dieser Entscheidung lag vom Sachverhalt kein klassischer Verkehrsunfall zugrunde, die vom BGH entwickelten Grundsätze sind aber auf die Regulierung von Verkehrsunfällen entsprechend anzuwenden. In dem vom BGH entschiedenen Fall war ein auf einem Garagenstellplatz abgestellter PKW Porsche Cabriolet rund zwei Wochen lang rechtswidrig blockiert worden. Deren Eigentümerin, die zugleich noch über einen BMW 3er Kombi verfügte, verlangte nun 175,00 EUR pro Tag Nutzungsausfallentschädigung, weil sie beabsichtigte, mit dem Porsche Cabriolet in den Urlaub fahren zu wollen. Dies verneinte der Bundesgerichtshof, da zwar eine Rechtsgutsverletzung durch die Blockade des Fahrzeugs vorliege, jedoch sei der Schaden nicht ersatzfähig. Der Klägerin stand nämlich ein Zweitwagen zur Verfügung, dessen Nutzung ihr zumutbar war. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH beschränkt sich der Nutzungsausfallersatz auf Sachen, deren ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist. An einem fühlbaren Nutzungsausfall fehlt es jedoch, wenn dem Geschädigten ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung steht, dessen ersatzweise Nutzung im zumutbar ist. So ist nach Auffassung des BGH die Benutzung des BMW 3er Kombi durchaus zumutbar und allein die Tatsache, dass die Klägerin gerne mit einem Cabrio in den Urlaub fahren wollte, stellt keinen ersatzfähigen materiellen Schaden dar.

Häufig gemachter Fehler bei der Inanspruchnahme eines Mietwagens

Diese Entscheidung hat große Relevanz bei der Regulierung von Verkehrsunfällen. Ein häufig gemachter Fehler bei der Inanspruchnahme eines Mietwagens ist, diesen dann nur wenige Kilometer zu nutzen. Als Daumenregel gilt, dass die Inanspruchnahme eines Mietwagens schadensrechtlich nur dann erforderlich ist, wenn mit diesem mind. 20 Kilometer pro Tag gefahren werden. Nach der oben zitierten Entscheidung des BGH besteht kein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung, wenn der Geschädigte ohne weiteres Zugriff auf ein vergleichbares Ersatzfahrzeug hat, so z.B. wenn er über mehrere Fahrzeuge in seiner Garage verfügt. Andererseits kann der Geschädigte von der eintrittspflichtigen Versicherung auch nicht auf einen PKW des Partners des Geschädigten verwiesen werden, wenn dann dieser ohne einen fahrbaren Untersatz da steht. Jedenfalls ist die Frage der Nutzungsausfallentschädigung nach der jüngsten Entscheidung des BGH durchaus mit Vorsicht zu genießen.

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Ralf Wöstmann

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