Medizinrecht: Behandlungsfehler und doch kein Schmerzensgeld!

Die mitunter größte Problematik stellt es für einen klagenden Patienten in einem Arzthaftungsprozess dar, einen Behandlungsfehler und dessen Ursächlichkeit für die beklagten gesundheitlichen Beschwerden nachzuweisen. Dass es jedoch auch möglich ist, trotz eines bewiesenen ärztlichen Behandlungsfehlers und einer hierdurch verursachten Verletzung der körperlichen Integrität kein Schmerzensgeld zu erhalten, hat jüngst das OLG Dresden in einer Entscheidung vom 05.01.2017 - 4 U 1385/16 - festgestellt.

Fehlerhafte Injektion eines Arzneimittels

In dem vorliegenden Fall klagte der Kläger über degenerative Veränderungen am rechten Kniegelenk, die zu einer Varusgonarthrose geführt hatten. Ebenso war es zu einem Einriss des Innenmeniskushinterhorns gekommen. Verantwortlich hierfür machte der Kläger eine fehlerhafte Spritzeninjektion des behandelnden Arztes und verlangte von diesem deshalb Schadenersatz und Schmerzensgeld. Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger verneinte jedoch einen Zusammenhang zwischen diesen Gesundheitsbeschwerden und der Injektion. Fehlerhaft sei nach seinen Feststellungen lediglich die Injektion des Arzneimittels selbst durch den behandelnden Arzt gewesen.

Billigkeitsgrundsatz versus Schmerzensgeld

Nach Auffassung des OLG Dresden stellten die mit der Verabreichung der Injektion des Medikamentes verbundenen stechenden Schmerzen keinen ein Schmerzensgeld rechtfertigenden Schaden dar. Zwar könne grundsätzlich bei jeder Verletzung des Körpers oder der Gesundheit eine billige Entschädigung in Geld für den erlittenen immateriellen Schaden verlangt werden. Dabei sei jedoch - so das Gericht - stets der in § 253 Abs. 2 BGB enthaltene Billigkeitsgrundsatz zu berücksichtigen. Danach könne es im Einzelfall gerechtfertigt sein - so das Gericht weiter - die Zubilligung eines Schmerzensgeldes zu versagen, wenn die erlittene Beeinträchtigung derart geringfügig ist, dass ein Ausgleich des sich aus ihr ergebenden immateriellen Schadens in Geld nicht mehr billig erscheine.

Rechtswidriger Eingriff bleibt folgenlos

Unter diesen Umständen ordnete das Oberlandesgericht die mit der Gabe einer Spritze regelmäßig verbundenen Schmerzen als "Bagatellbeschwerde" und damit - trotz des vorliegenden Behandlungsfehlers - als nicht schmerzensgeldrelevant ein.

Diese Rechtsauffassung ist auch deshalb überraschend, weil hier nicht nur ein durch einen Sachverständigen festgestellter ärztlicher Behandlungsfehler nicht zur Begründung eines Schmerzensgeldanspruches führt, sondern weil darüber hinaus die fehlerhafte und damit nicht indizierte Injektion eines Medikamentes neben der Verletzung der körperlichen Integrität auch als eine Persönlichkeitsrechtsverletzung des betroffenen Patienten anzusehen ist. Ob sich unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt dann ein Schadenersatz und Schmerzensgeld für den klagenden Patienten ergeben kann, hat das Gericht jedoch nicht geprüft.

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