Unfallflucht führt nicht immer zur Entziehung der Fahrerlaubnis

Wann liegt ein bedeutender Schaden vor, der zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis führt?

Ein häufig im Straßenverkehr anzutreffendes Delikt ist das unerlaubte Entfernen vom Unfallort nach § 142 StGB, umgangssprachlich: Unfallflucht genannt. Wenn dessen Voraussetzungen vorliegen, insbesondere der Vorsatz zum Entfernen vom Unfallort, stellt sich häufig die Frage, welcher Schaden denn überhaupt eingetreten ist. Die Höhe des Schadens ist nämlich ganz maßgeblich dafür, ob die Fahrerlaubnis entzogen oder nur ein Fahrverbot ausgesprochen wird. Hierzu sieht § 69 Abs .2 Nr. 3 StGB vor, dass an fremden Sachen ein bedeutender Schaden entstanden ist. Nach bisheriger, ganz gefestigter Rechtsprechung, wurde diese Wertgrenze auf 1.300,00 EUR festgelegt. Dies bedeutet, dass mindestens ein Schaden von 1.300,00 EUR an der fremden Sache entstanden sein muss, damit es überhaupt zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis kommt.

Landgericht Offenburg ändert Wertgrenze nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB auf 1.500,00 EUR

Das Landgericht Offenburg hat durch Beschluss vom 19.06.2017 (3 Qs 31/17) entschieden, dass die Wertgrenze nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB auf 1.500,00 EUR hochzusetzen ist. Unter Berücksichtigung der allgemeinen Teuerungsrate für Verbrauchsgüter sei es sachgerecht, die bisherige Wertgrenze von 1.300,00 EUR, die bereits seit dem Jahr 2002 gelte, nach oben anzuheben. Der bedeutende Schaden im Sinne von § 69 Abs. 2 Nr. StGB hänge von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung ab. Unter Berücksichtigung der allgemeinen Teuerungsrate für sämtliche Verbrauchsgüter müsse die Wertgrenze nach nunmehr 15 Jahren ohne Veränderung angehoben werden. Der Verbraucherpreisindex habe sich vom Jahr 2002 bis zum Jahr 2016 um 21,22 % erhöht. Insoweit sei es angemessen, den für einen bedeutenden Schaden im Sinne von § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGb maßgeblichen Grenzwert ab dem Jahr 2017 auf mindestens 1.500,00 EUR festzusetzen. Das Landgericht Offenburg verweist dabei bereits auf eine Entscheidung des Landgerichts Braunschweig vom 03.06.2016 (8 Qs 113/16).

Das Gericht führ weiter aus, dass bei der Bestimmung der konkreten Schadenshöhe der Betrag maßgeblich ist, um den das Vermögen des Geschädigten unmittelbar in Folge des Unfalls gemindert ist. Es dürften nur solche Schadenspositionen herangezogen werden, die zivilrechtlich erstattungsfähig sind, d.h. die Reparaturkosten, Abschleppkosten oder der merkantile Minderwert. Die Mehrwertsteuer bei den Reparaturkosten ist nur dann berücksichtigungsfähig, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Hierbei beruft sich das Gericht zu Recht auf § 249 Abs. 2 S. 2 BGB, was nach Auffassung des Autors dieses Artikels häufig bei der Schadensberechnung durch Staatsanwaltschaften übersehen wird. Gerade wenn fiktiv, d.h. auf Basis eines Kostenvoranschlages oder Gutachtens abgerechnet wird, ist die Mehrwertsteuer nicht dem Schaden hinzuzurechnen. Dies gilt auch, wenn der Geschädigte vorsteuerabzugsberechtigt ist. Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen lag im Fall des Landgerichtes Offenburg kein bedeutender Schaden im Sinne von § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB vor, da die Wertgrenze von 1.500,00 EUR unterschritten wurde.

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